News aus Baden-Württemberg Energiekonzerne warnen vor Verzögerung bei Kraftwerksbau
Manchmal weht kein Wind, und es scheint keine Sonne – und Deutschland braucht trotzdem Strom. Moderne Gaskraftwerke sollen in solchen Zeiten helfen. Gerade für Baden-Württemberg ein wichtiges Thema. Die Branche mahnt die Regierung zur Eile.
Die Energiebranche warnt vor den Folgen einer Verzögerung beim geplanten Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke. Der Chef des drittgrößten deutschen Energiekonzerns EnBW, Andreas Schell, sagte dem «Spiegel»: «Wenn die Kraftwerkstrategie nicht bald kommt, wird Deutschland 2030 nicht aus der Kohle aussteigen können.» Georg Stamatelopoulos, EnBW-Vorstand für Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die Rechnung ist einfach: Ohne Kraftwerksstrategie bleibt die Energiewende auf halber Strecke.» Der Stadtwerkeverband VKU warnte, jeder weitere Aufschub der schon für diesen Sommer angekündigten Kraftwerkstrategie müsse vermieden werden.
Die Kraftwerksstrategie des Bundes bezeichnete Stamatelopoulos als elementar. «Wir brauchen einen Investitionsrahmen für die Errichtung klimafreundlicher Kraftwerke.» Ohne entsprechendes Förderdesign könnten diese nicht wirtschaftlich betrieben werden, weil sie nur dann im Einsatz sein werden, wenn Erneuerbare nicht liefern können.
«So ein Kraftwerk bauen Sie nicht über Nacht»
Das Thema ist gerade für das industriestarke und damit energiehungrige Baden-Württemberg wichtig. «Aufgrund des Ungleichgewichts zwischen Stromproduktion und -verbrauch fehlt es nach dem geplanten Kohleausstieg vor allem in Süddeutschland an gesicherter Leistung», erläuterte Stamatelopoulos. Der Zubau müsse dort ermöglicht werden, wo es für die Netzstabilität notwendig sei.
Laut Berechnung der Übertragungsnetzbetreiber sei ein Zubau allein in Baden-Württemberg von 6,5 Gigawatt bis 2030 nötig. Bundesweit würden etwa 24 Gigawatt an Leistung benötigt. «Das bedeutet konkret den Neubau von 40 bis 50 Gaskraftwerken.» Es gebe Grund zur Eile: «Es ist schon heute ambitioniert, dass alle diese Kraftwerke bis 2030 realisiert werden. So ein Kraftwerk bauen Sie nicht über Nacht.»
Bund hält an Kraftwerkstrategie fest
Eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte am Freitag, die Kraftwerkstrategie werde weiter erarbeitet. Sie solle so schnell wie möglich präsentiert werden. Mit Blick auf das Karlsruher Haushaltsurteil sagte sie, es hänge alles mit allem zusammen. Es handle sich um ein weitreichendes Urteil. Das Ministerium halte am Ziel fest, dass wasserstofffähige Gaskraftwerke gebaut werden.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts klafft eine große Lücke in den Finanzen des Bundes. Aus dem betroffenen Klima- und Transformationsfonds werden Projekte für den Klimaschutz finanziert.
Der Bund setzt beim Umbau des Stromsystems auf erneuerbare Energien aus Wind und Sonne – für «Dunkelflauten» sollen wasserstofffähige Gaskraftwerke gebaut werden. Habeck hatte staatliche Zuschüsse angekündigt, die sich im Milliardenbereich bewegen dürften.
Versorgungssicherheit und Investitionen in Gefahr
Aus Sicht des Übertragungsnetzbetreibers TransnetBW braucht es dringend eine Kraftwerksstrategie, weil der bestehende deutsche Kraftwerkspark alt und störungsanfällig sei und hohe Emissionen verursache. Mit einem Neubau-Vorschuss will das Unternehmen Anreize für den Neubau setzen und sichert auf Basis von Prognosen zum Einsatz der Anlagen eine bestimmte Vergütung zu.
In einem Beitrag auf dem Karriere-Netzwerk LinkedIn schrieb Konzernchef Werner Götz, neue Kraftwerke müssten unbedingt bis 2030 kommen. Die aktuelle Entwicklung beobachte er sehr besorgt. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts werden clevere Ansätze laut Götz relevanter, die kosteneffizient wirken. Der Werkzeugkasten müsse jetzt gefüllt werden, damit Bürgerinnen und Bürger sowie Industrie sich auf eine jederzeit sichere Stromversorgung verlassen können.
EnBW will 2028 aus der Kohleverstromung aussteigen und baut drei neue Gaskraftwerke, die künftig auch Wasserstoff verstromen sollen. «Aber damit ist der Bedarf noch lange nicht gedeckt», so Stamatelopoulos. Vorstandschef Schell sagte dem «Spiegel»: «Ohne Planungssicherheit werden wir keine weiteren Investitionsentscheidungen treffen können.»
Der Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing, sagte, die Kraftwerksstrategie sei der zentrale Baustein für eine erfolgreiche und effiziente Energiewende, indem sie die künftige Stromversorgung mittels flexibel einsetzbarer Kraftwerke sichern solle. «Ansonsten droht uns eine Versorgungslücke, oder der Kohleausstieg kann nicht wie geplant stattfinden.» Ohne Kraftwerkstrategie sei das Risiko für Investoren zu hoch, und Investitionen würden zunächst ausbleiben. Im schlimmsten Fall werde keines der für 2030 notwendigen Kraftwerke am Netz sein.
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