News aus Baden-Württemberg Warnungen vor Kollaps beim Fachgipfel zu Kindergesundheit
Die Kinderkliniken im Südwesten sind am Anschlag. Es fehlen Ärzte und Pflegende, es gibt zu viele Pflichten, zu wenig Zeit – und der Winter mit möglichen Infektionskrankheiten steht erst bevor. Auf einem Fachgipfel warnen Ärzte und Verbände vor dem Kollaps.
Zu wenig Personal, unnötige Bürokratie und vor allem leidende Kinder und überlastete Ärzte: Mit dramatischen Schilderungen aus dem Klinikalltag haben Mediziner bei einem Fachgipfel zur Lage in den Kinderkrankenhäusern und Arztpraxen die Belastungen des Personals und der Patienten beschrieben. Es gebe stundenlange Wartezeiten, Kinder müssten teils in Notaufnahmen übernachten, sagte Friedrich Reichert, Kinder-Intensivmediziner in der größten deutschen Kinderklinik, dem Klinikum Stuttgart-Olgahospital. Apotheker warnten vor einer weitgehenden Knappheit von Fiebersäften für Kinder, Ärzte bemängelten Frust in den Stationen und eine fehlende Attraktivität für den Beruf.
Der Verband leitender Kinder- und Jugendärzte Deutschlands warf der Regierung vor, nicht rechtzeitig reagiert zu haben. «Die Situation ist vorprogrammiert gewesen», sagte sein Landesvorsitzender Christian von Schnakenburg bei der Videoschalte des Gesundheitsministeriums am Donnerstag. Die Regierung sei bereits vor einem Jahr deutlich gewarnt worden. «Ein «Weiter so» geht nicht», sagte Roland Fressle vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Baden-Württemberg.
Die Lage in den baden-württembergischen Kinderkliniken ist seit Wochen angespannt, unter anderem aufgrund einer deutlichen Zunahme von Atemwegserkrankungen durch sogenannte RS-Viren. Die Atemwegserkrankung ist besonders für Frühgeborene, Säuglinge und Kleinkinder gefährlich, sie kann schwere Lungenentzündungen auslösen.
Mit deutlichen Worten hatten zuletzt Fachärzte aus Kinderkliniken im ganzen Land angesichts von Überlastung und Personalnot einen Hilfsappell an die Landesregierung gerichtet. Das System werde seit Jahren kaputtgespart, dringende kinderchirurgische Eingriffe würden verschoben, heißt es in dem Protestbrief von Fachärzten aus 23 der rund 30 Kinderkliniken im Land.
«Das ist eine Notlage», warnte auch der Hauptgeschäftsführer der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Matthias Einwag. «Das ist kein Dauerzustand.» Es müsse zunächst die Versorgung an den Weihnachtstagen und bis nach Neujahr sichergestellt werden. Danach müsse geklärt werden, wie die Lage der Kliniken und ihres Personals auf längere Sicht verbessert werden könne.
Im Gespräch mit Vertretern der Krankenhäuser und Pflege, mit Gewerkschaften und Berufsverbänden beriet Gesundheitsminister Manne Lucha bei dem zweistündigen Gespräch über Mittel und Wege aus der Krise. Der Grünen-Politiker rief zu einem gemeinsamen Kraftakt auf, er verteidigte aber auch die bisherigen Schritte des Landes und verwies auf Zuständigkeiten des Bundes.
Die SPD warf Lucha am Rande des Fachgipfels vor, Kliniken, Kinderärzte und Familien seit Wochen warten zu lassen. Seine Partei fordert eine Rückholprämie für Ärzte und Pflegende, die nicht im Beruf arbeiten oder im Ruhestand sind. In den ambulanten kindermedizinischen Notfallpraxen an Krankenhäusern müsse das Personal erhöht werden, Kinderarztpraxen müssten offen bleiben, außerdem sei es notwendig, die Telemedizin aufzustocken. «Hier geht es vor allem darum, die Eltern über Video zu beraten, wie sie kranke Kinder auch ohne direkten Arztbesuch zu Hause betreuen können», sagte Wahl.
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