News aus Baden-Württemberg
Auf ein Käffchen in den Friedhof? Friedhöfe im Umbruch

News aus Baden-Württemberg Auf ein Käffchen in den Friedhof? Friedhöfe im Umbruch

Quelle: Uli Deck
dpa

Das klassische Erdbegräbnis ist ziemlich out, die Zahl der Urnenbestattungen steigt seit Jahren. Für Friedhöfe ergeben sich daher neue Frage. Wohin mit ungenutzten Grabflächen? Ideen gibt es viele – Cafés? Spielplätze? Naturoasen? Sogar Bauland könnte entstehen.

Auf Friedhöfen im Südwesten werden wegen der zunehmenden Zahl der Urnenbestattungen immer mehr Flächen frei – die Kommunen und Friedhofsverwaltungen lassen sich inzwischen einiges einfallen, um damit sinnvoll und auch nachhaltig umzugehen. Trauerwege, insektenfreundliche frühere Grabfelder, sogar Spielplätze werden angelegt, um ungenutzte Grabflächen im Sinne des Wortes wieder mit Leben zu füllen. Denn Erdbestattungen, die viel Grabplatz brauchen, sind ziemlich out, auch bundesweit. Dafür steigt seit vielen Jahren die Zahl der Feuerbestattungen kontinuierlich – und Urnengräber brauchen weniger Platz.

Freiburg etwa rechnet damit, dass bis zum Jahr 2030 nur noch 60 Prozent der heutigen Fläche für Gräber genutzt werden und denkt über Erholungsflächen nach. Seit Jahren etwa legt die Stadt Karlsruhe auf ihren 24 Stadtteilfriedhöfen und dem Hauptfriedhof naturnahe Bereiche und Felder an, realisierte eine Anlage für trauernde Kinder mit Spielplatz oder gestaltete einen Lebensgarten. Auch Bienenstöcke würden aufgestellt und viel Wert auf Artenschutz und Pestizid-Verzicht gelegt, sagt ein Stadtsprecher.

In Tübingen werden unter anderem Bäume gepflanzt, wertvolle Magerwiesen sind entstanden und Totholzstapel für Tiere wurden angelegt auf früheren und nun nicht mehr genutzten Gräbern, wie eine Stadtsprecherin erläutert. In Stuttgart wurde wegen der Problematik inzwischen eine sogenannte Friedhofsentwicklungskonzeption in Auftrag gegeben. «Erste Ergebnisse werden bis Mitte 2023 erwartet», sagt eine Stadtsprecherin. Für alle Friedhofsflächen sei derzeit eine «allumfassende Friedhofsentwicklungsplanung in Vorbereitung», sagt auch ein Sprecher der Stadt Pforzheim.

Die Stadt Ladenburg stellt ebenfalls fest, dass die Zahl freier Flächen wächst und setzt nach Worten einer Sprecherin auf eine Doppelstrategie, um Flächen dennoch nutzen zu können: Einerseits gibt es inzwischen die Möglichkeit, sich mit seinem Haustier bestatten zu lassen und auch ein muslimisches Grabfeld ist angedacht. Andererseits soll der Friedhof mit seinen vielen Freiflächen allmählich in einer parkähnliche Anlage verwandelt werden. Einst reservierte Erweiterungsflächen würden nicht mehr benötigt, sagt die Sprecherin. Stattdessen sollen diese in Wohnflächen umgewandelt werden. «Eine entsprechende Änderung des Bebauungsplans ist in Vorbereitung.»

Die Konzepte müssen nach Ansicht von Frank-Michael Littwin vom Landesverband der Friedhofsverwalter Deutschlands gut durchdacht sein. «Denn aus aufgegebenen Gräbern ergibt sich oft keine zusammenhängende Fläche.» Außerdem müssen viele Kommunen ihre Grabgebühren anpassen, die sich früher nach der Grabfläche richteten – ein System, das inzwischen nicht mehr sinnvoll erscheint.

Je nach dem wohin die Reise geht, «könnte es passieren, dass es irgendwann mehr Freiflächen als Gräber gibt», sagt Littwin. Wenn zudem noch die Regel abgeschafft werden sollte, dass Urnen nicht mehr auf Friedhöfe müssen, sondern zu Hause aufbewahrt werden dürfen – «dann haben wir noch mehr Platz», sagt er. «Die Frage ist generell, wie gehen wir pietätvoll mit dem Platz um?»

Das neue Magazin des Bundesverbandes Deutscher Bestatter geht in seiner Juli-Ausgabe genau dieser Frage nach: In Zeiten von Klimakrise und nach Grün und Natur lechzenden Städten könnten Friedhöfe Oasen der Ruhe für gestresste Städter werden. Und neben Spielplätzen könnte doch auch Urban Gardening, Kulturführungen oder Cafés sinnvoll sein, heißt es darin: «Warum nicht?».

 

Weitere Nachrichten

Waldrappteam legt mit Jungtieren 1600 Flugkilometer zurück

14 Menschen versuchen seit einem Monat, mehr als 30 Waldrappen den Weg in den Süden Spaniens zu zeigen. Mit Autos und zwei Ultraleichtflugzeugen begleiten sie die seltenen Zugvögel. Das Ziel ist nicht mehr weit.

Bahnverkehr: Mehr Puffer im Fahrplan soll Anschlusssicherheit verbessern

Durch mehr Puffer im Fahrplan sollen Pendler und Bahnreisende im Südwesten künftig ihren Anschluss zuverlässiger erreichen.

Tabakbauern in Baden-Württemberg erwarten gute Ernte

Der Südwesten ist eine der letzten Tabakhochburgen in Deutschland. Aber auch hier ächzen viele Bauern unter der Kostenentwicklung. Bei der Ernte sieht es dieses Jahr aber gut aus.

Esel im Einsatz für den Artenschutz in Walldorf

Dass Nutztiere im Wald alles kahlfressen, ist vor über 100 Jahren verboten worden. Doch für seltene Flora und Fauna war der Hunger von Weidetieren mitunter gar nicht schlecht. Daher gibt es heute wieder Ausnahmen im Sinne des Artenschutzes.

Corona-Soforthilfen: Ministerium erhöht Druck

Existenzbedrohte Unternehmen profitierten im Frühjahr 2020 von Corona-Soforthilfen. Wer nicht so viel Hilfe brauchte, soll das Geld nun zurückzahlen. Zehntausende Betriebe allerdings melden sich nicht. Das Wirtschaftsministerium warnt.




 

Logo meinKA

 

Anzeige

Jetzt meinKA als Werbe-Plattform nutzen!

Informieren Sie sich über Daten, Zahlen und Fakten rund um meinKA und die entsprechenden Werbeformen in unseren Mediadaten: jetzt Mediadaten anfordern.

Wir freuen uns über Ihr Interesse und beraten Sie gerne!

 


 













Auch interessant


Falls Ihnen inhaltliche Fehler oder Fehlfunktionen auffallen, einfach bei redaktion@meinka.de melden.