News
E-Fahrzeuge im Streifendienst? Ausbau der E-Mobilität bei Polizei wird kritisiert

News E-Fahrzeuge im Streifendienst? Ausbau der E-Mobilität bei Polizei wird kritisiert

Quelle: Philipp von Ditfurth/dpa
dpa

Baden-Württemberg elektrifiziert seine Polizeiflotten. Gut gemeint und im Sinne des Klimaschutzes. Doch wie alltagstauglich sind E-Fahrzeuge im Streifendienst? Hier unterscheiden sich die Ansichten.

Klingt erst mal gut: 136 batteriebetriebene Einsatzfahrzeuge bei der baden-württembergischen Polizei, mehr als zwei Millionen gefahrene Kilometer innerhalb von 180 Tagen, ein Beitrag zum Klimaschutz. Doch bei Einsätzen geht es auch um die Einsatzfähigkeit – und daran hapert es aus Sicht der Polizeigewerkschaften: zu wenige Lade-Möglichkeiten, zu wenig Reichweite, verschlissene Reifen nach einigen Tausend Kilometern.

Innenminister Thomas Strobl (CDU) hingegen zieht eine andere Zwischenbilanz: «Die Beschaffung von Einsatzfahrzeugen mit klimaneutralen Antrieben erfolgt hierbei stets unter der Voraussetzung, dass die Handlungsfähigkeit – gerade in Krisensituationen – nicht eingeschränkt sein darf», erklärte er in Rastatt.

Gewerkschaften: Einsätze scheitern an Restreichweite

Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Ralf Kusterer, und der stellvertretende Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Thomas Mohr, berichteten der Deutschen Presse-Agentur von Einsätzen, die den Angaben nach wegen mangelnder Restreichweite verschoben oder abgebrochen werden mussten. Für den Streifendienst mit Schichtbetrieb, Soforteinsätze oder weite Strecken hätten sich die E-Fahrzeuge aus Sicht der Kolleginnen und Kollegen noch nicht als ausreichend praxistauglich erwiesen.

Dagegen heißt es in der Mitteilung des Innenministeriums, bislang sei dort «nicht ein einziger Vorfall bekannt, bei dem polizeiliche Sofortmaßnahmen aufgrund eines mangelnden Ladezustandes eines Fahrzeuges mit elektrifiziertem Antrieb nicht durchgeführt werden konnten».

Ausbau der Lade-Infrastruktur nötig

Ferner fordern die Gewerkschafter, dass die Lade-Infrastruktur ausgebaut wird. «Ohne eigene Lade-Infrastruktur und mit eingeschränkter Reichweite sind viele E-Fahrzeuge im Schichtdienst derzeit schlicht nicht alltagstauglich», erklärte Mohr. Viele Polizeireviere hätten keine eigenen Ladepunkte. Dies zwinge Streifenbesatzungen, öffentliche Ladesäulen zu nutzen – mit allen Nachteilen wie Wartezeiten und Belegungen. Während des Ladevorgangs von 30 bis 45 Minuten könnten keine Aufträge übernommen werden.

«Wir fordern: erst Infrastruktur, dann flächendeckende Einführung – und keine Symbolpolitik auf dem Rücken der Kolleginnen und Kollegen», so Mohr. Auch Kusterer forderte vor allem Schnellladepunkte. Es könne nicht sein, dass die Polizei ihre Streifenwagen an öffentlichen Ladestellen aufladen müsse.

Auch das Ministerium sieht den Bedarf: «Für den flächendeckenden Betrieb ist eine zuverlässige sowie leistungsfähige Lade-Infrastruktur an allen polizeilichen Liegenschaften unerlässlich», hieß es. Deshalb habe das Finanzministerium 400 Ladepunkte installiert. Weitere 200 Ladepunkte seien in Vorbereitung.

CO2-Ausstoß wird reduziert

Die ersten rein elektrisch betriebenen Fahrzeuge für die Polizei wurden laut dem Ministerium 2011 beschafft. Verschiedene Modelle wurden getestet. Derzeit habe die Polizei rund 190 solche Autos. So hätten 136 der 145 Polizeireviere je eines der silberblauen Einsatzfahrzeuge der Marke Audi Q4 e-tron 45 Quattro. Weitere Fahrzeuge würden etwa in der Logistik genutzt.

«Von den 5.400 Fahrzeugen der Polizei werden bis Jahresende rund 11,6 Prozent elektrisch angetrieben», sagte Strobl der Mitteilung zufolge. Bei gleichbleibender Auslastung der Fahrzeuge könnten die jährlichen CO2-Emissionen den Angaben nach um rund 570.000 Kilogramm verringert werden.

DPolG-Landeschef Kusterer mahnte aber, das Ministerium solle bei der Anschaffung der Fahrzeuge auf die Erfahrungen aus der Praxis achten – sowohl von den Beamtinnen und Beamten als auch von jenen Menschen, welche die Fahrzeuge zum Beispiel warten. Manches Modell sei eher ungeeignet. Auch einige Reifen seien schon nach 8.000 bis 10.000 Kilometern verschlissen gewesen. Mohr wies darauf hin, dass viele E-Fahrzeuge an Verträge mit Kilometerlimits gebunden seien – das schränke den Alltagsbetrieb zusätzlich ein.

Grundsätzlich zeigten sich die Gewerkschaftsvertreter aber offen für die Elektromobilität. Mit Blick auf den Klimaschutz sei dies sinnvoll, auch im innerstädtischen Verkehr oder im Verwaltungsbereich taugten die Fahrzeuge.

 

Weitere Nachrichten

Land macht Weg für digitale Gemeinderatssitzungen frei

Kommunalpolitische Sitzungen können in Zukunft auch online besucht oder verfolgt werden. Das hat der Landtag beschlossen. Die Entscheidung obliegt aber den Kommunen.

So profitiert Baden-Württemberg vom Rüstungsboom

Die Rüstungsschmieden bekommen vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges so viele Aufträge wie nie. Die Zeitenwende ist bei den Unternehmen im Südwesten angekommen. Wo sind die Zentren der Branche?

Laut Studie: Freizeit-Schifffahrt belastet Seen deutlich

Für viele ist es der ultimative Freizeitspaß: Mit dem Motorboot über den See flitzen. Doch was macht das mit Tieren und Pflanzen im Wasser? Eine Studie gibt klare Empfehlungen.

Tarifabschluss: Brauer bekommen mehr Geld - wird jetzt das Bier teurer?

Durch einen Tarifabschluss gibt es bald mehr Geld für die Brauerinnen und Brauer in Baden-Württemberg. Hat das Folgen für die Bierpreise? Nachgefragt beim Brauerbund.

Erneuerbare Energien: 13 neue Windräder im ersten Halbjahr

In den vergangenen Jahren lief der Bau von Windrädern im Land schleppend. Von Januar bis Juni hat sich die Leistung der neuen Anlagen zwar nahezu verdoppelt. Doch das klingt besser, als es ist.

Weiterer Mammutzahn auf Suedlink-Baustelle entdeckt

Ein Zahn wurde schon im Frühsommer gefunden - jetzt sind bei Arbeiten auf der Großbaustelle zur Stromtrasse Suedlink weitere Mammut-Teile aufgetaucht. Archäologen sind begeistert.






















Auch interessant


Falls Ihnen inhaltliche Fehler oder Fehlfunktionen auffallen, einfach bei redaktion@meinka.de melden.