News aus Baden-Württemberg
Gericht: Regeln zu Hilfsfrist für Rettungsdienste unwirksam

News aus Baden-Württemberg Gericht: Regeln zu Hilfsfrist für Rettungsdienste unwirksam

Quelle: Philipp von Ditfurth/dpa
dpa

10, 12 oder 15 Minuten – wie lange etwas dauert, kann im Zweifel über Leben und Tod entscheiden. Zum Beispiel bei der Zeit, die ab einem Notruf bis zum Eintreffen der Retter verstreicht. Lange ein Politikum – nun hat der Verwaltungsgerichtshof ein Machtwort gesprochen.

In welcher Zeit Rettungskräfte im Südwesten bei einem Notfall am Einsatzort sein sollen, wird wohl neu geregelt werden müssen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) erklärte am Mittwoch die Vorgaben für sogenannte Hilfsfristen im Rettungsdienstplan des Landes für unwirksam. Das Innenministerium hatte diesen erst Ende vergangenen Sommers vorgelegt. Wie das Haus von Thomas Strobl (CDU) nun vorgehen will, blieb zunächst unklar. Die Kläger feierten den Erfolg und sprachen von einem «Frontalschlag».

Im Rettungsdienstgesetz des Landes heißt es, die Hilfsfrist soll «aus notfallmedizinischen Gründen möglichst nicht mehr als 10, höchstens 15 Minuten betragen». In den Rettungsdienstplan 2022 hingegen schrieb das Ministerium: «Als Zielerreichung ist vom Einsatzannahmeende bis zum Eintreffen der Hilfe am Notfallort an Straßen eine Zeit von 12 Minuten in 95 Prozent der Notfalleinsätze anzusetzen.»

In der mündlichen Verhandlung am Freitag in Mannheim hatte das Land herbe Kritik vom VGH geerntet. Der 6. Senat bemängelte, dass in dem Rettungsdienstplan Dinge geregelt worden seien, die eigentlich das Parlament hätte beschließen müssen. Das gelte vor allem für die Hilfsfristen. Vertreter des Landes sprachen von einer Konkretisierung im bisherigen Rahmen, die keine Gesetzesnovelle brauche.

Der Vorstellung, dass Hilfsfristen reine Planungsinstrumente seien, folgten weder die Antragsteller – darunter fünf Notärzte und ein Rettungsassistent – noch der VGH. Schnellere Versorgung sei auch ein Qualitätskriterium. Die Antragsteller befürchten eine schlechtere rettungsdienstliche Versorgung der Patientinnen und Patienten. Sie argumentierten den Angaben zufolge, als potenzielle Notfallpatienten in ihren Grundrechten – insbesondere ihrem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit – betroffen zu sein.

Der VGH verkündete am Mittwoch nur den Tenor seines Urteils. Die Gründe liegen voraussichtlich erst in mehreren Wochen vor. Daher könnten keine weiteren Angaben zum Inhalt gemacht werden. Das höchste Verwaltungsgericht des Landes wies laut Mitteilung Anträge ab, die sich unter anderem gegen den gesamten Rettungsdienstplan wendeten.

Der 6. Senat ließ keine Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu. Binnen eines Monats nach Erhalt des Urteils könnten die Beteiligten dagegen jedoch Nichtzulassungsbeschwerde erheben. (Az. 6 S 2249/22)

Der Mannheimer Grünen-Stadtrat Chris Rihm, der zu den Klägern zählt und selbst Rettungsassistent ist, wertete die Entscheidung als großen Erfolg für Patientinnen und Patienten: «Das war ein zentraler Punkt, den wir angegriffen haben.» Nun müssten in der Regel wieder die maximal zehn Minuten erreicht werden, die das Gesetz vorschreibe.

Das Urteil zeigt aus seiner Sicht, dass der baden-württembergische Sonderweg falsch sei, den Rettungsdienst zu privatisieren. In allen anderen Bundesländern sei das Sache der Kommunen, die etwa über die Anzahl und Standorte der Leitstellen bestimmten. Dort gebe es auch andere Hilfsfristen, in Nordrhein-Westfalen etwa seien das acht Minuten. «Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg sind im Schnitt im Nachteil», sagte Rihm. Obwohl das Land zu den reichsten gehöre.

«Im Grunde kann man sagen: Wir können alles außer Rettungsdienst», formulierte Rihm in Anspielung auf einen alten Image-Slogan Baden-Württembergs. Er würde sich freuen, wenn sich das Land mit den Fachleuten aus der Praxis an einen Tisch setzen und nach guten Lösungen suchen würde. «Dazu sind wir gerne bereit.»

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Landtag wertete das VGH-Urteil als «herbe Klatsche für Innenminister Strobl». Es sei auch ohne die genaue Begründung des Gerichtshofs absehbar, dass sein Ministerium einerseits inhaltlich ungenügende Arbeit abliefere, andererseits dabei sogar den sogenannten Parlamentsvorbehalt ignoriere.

 

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