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Herrenlose Fahrräder: Städte müssen Hunderte von Schrotträdern entsorgen

News Herrenlose Fahrräder: Städte müssen Hunderte von Schrotträdern entsorgen

Quelle: Marcus Brandt/dpa
dpa

Abgestellt, vergessen oder illegal entsorgt: «Fahrradleichen», die augenscheinlich niemandem mehr gehören. Hunderte sind es jedes Jahr. Eine Lösung? Nicht in Sicht. Warum ist das so ein Problem?

Platte Reifen, abmontierte Lenker, verbogene Felgen: In Baden-Württembergs Städten sammeln die Kommunen jedes Jahr Hunderte Schrotträder ein. Für Besitzer kann das ärgerlich sein, für Städte teuer – und Radler finden dadurch oft keinen freien Stellplatz mehr.

 

Wie groß ist das Problem wirklich?

Großstädte wie München, Hamburg oder Köln entfernen jährlich weit mehr als 4.000 aufgegebene Fahrräder aus dem Stadtbild, in Münster soll es nach Schätzungen des Ordnungsamtes sogar mehrere Zehntausend geben. Auch in baden-württembergischen Städten müssen jedes Jahr Hunderte Räder entsorgt werden, die zurückgelassen, vergessen oder aufgegeben wurden.

Fleißig ist vor allem das Karlsruher Amt für Abfallwirtschaft, das von bis zu 2.000 eingezogenen Schrottfahrrädern pro Jahr ausgeht. Die Ulmer Stadtreinigung schätzt die Zahl auf etwa 150 jährlich, in Stuttgart waren es seit Januar bereits 350.

 

Wann ist ein Schrottrad ein Schrottrad?

Klar, ein platter Reifen macht noch keinen Schrott. Was als Schrottrad gilt, ist nicht gesetzlich definiert und hängt von den Kriterien der Kommunen ab. Meist dann, wenn es offensichtlich nicht mehr fahrbereit ist: etwa bei fehlendem Rahmen, stark verrosteten Teilen oder wenn es seit Monaten unbewegt vor sich hin rostet. «Ein Rad ist ein Rad und fährt», sagt ein Sprecher der Stadt Stuttgart. «Oder es ist Schrott. Dann fährt es nicht mehr.»

Kontrolleure entscheiden vor Ort, ob ein Rad noch nutzbar oder nur Schrott ist. Möglich, dass das in der Studentenstadt Freiburg etwas weniger streng gesehen wird als etwa in Stuttgart. «Wir berücksichtigen die Tatsache, dass in Freiburg gerne ältere und weniger wertvolle Fahrräder benutzt werden», heißt es bei der Stadt im Breisgau.

Grundsätzlich gilt: Fahrräder dürfen im öffentlichen Raum abgestellt werden, auch länger – sie dürfen aber niemanden gefährden oder den Verkehr behindern, vor allem keine Einsatzfahrzeuge.

 

Warum betrifft das auch andere Fahrradfahrer?

Nach einer Umfrage des Fahrrad-Monitors Deutschland will fast jeder Zweite sein Fahrrad häufiger nutzen. Dazu braucht es jedoch ausreichend Abstellmöglichkeiten. Schrottfahrräder blockieren diese zum Teil erheblich. In München sollen sie rund 15 Prozent der Kapazitäten belegen.

 

Wie gehen die Kontrolleure in den Städten vor?

Städtische Kontrolleure oder beauftragte Firmen prüfen regelmäßig Abstellanlagen und bewerten Fahrräder. Sind sie intakt oder aufgegeben, Schrott, eine Gefahr oder eine Behinderung? Auf einer Banderole wird Eigentümern eine Frist von zwei bis sechs Wochen gesetzt, in Freiburg ist es ein Monat. Bevor es entfernt wird, wird das Rad dokumentiert, die Rahmennummer wird mit der Polizei abgeglichen; bei Verdacht auf Diebstahl übernimmt diese, sonst kommt es ins Zwischenlager.

Nicht abgeschlossene Räder werden möglichst in der Nähe abgestellt, angekettete Räder bis zu sechs Monate lang verwahrt. Kommunen veröffentlichen zunehmend Informationen darüber online, damit Eigentümer ihr Rad digital finden und sich melden können. Wird ein Rad abgeholt, muss der Besitz nachgewiesen werden, etwa über eine Rahmennummer oder ein Schloss.

Einige Kommunen wie Heidelberg und Karlsruhe organisieren auch mehrmals im Jahr Aufräumaktionen. In Heidelberg etwa wird viermal pro Jahr auf dem stark betroffenen Bahnhofsvorplatz und dem Universitätsplatz nach Fahrrädern gesucht, die nicht mehr zu gebrauchen sind. Karlsruhes Amt für Abfallwirtschaft (AfA) ist zweimal im Jahr rund um den Karlsruher Hauptbahnhof im Einsatz, um herrenlose und kaputte Fahrräder einzusammeln.

 

Können die Räder noch genutzt werden?

Viele überlässt man gemeinnützigen Vereinen, die sie reparieren oder als Ersatzteilquelle nutzen. Mit dem anschließenden Erlös finanzieren sie einen Teil ihrer Arbeit. Andere werden versteigert, wie etwa in Heidelberg. Die Heidelberger Dienste gGmbH (HDD) organisieren ihre Auktionen mehrmals im Jahr. Parallel dazu gibt es in der Neckarstadt den «Fahrradschlachthof», bei dem Schrottfahrräder preiswert als Ersatzteilspender ausgeschlachtet werden können.

In Karlsruhe ist dies wegen unklarer Eigentumsverhältnisse nicht möglich. Dort heißt es bei Stadt: «Eine Abgabe oder Versteigerung der Fahrräder ist nicht möglich, da die Besitzverhältnisse ungeklärt sind und sich die Räder aufgrund ihres Zustandes nicht für eine Versteigerung eignen.»

 

Wann landen herrenlose Räder auf dem Schrottplatz?

Entsorgte und eingesammelte Fahrradleichen werden aber auch sehr oft einfach verschrottet, wenn sie absolut nicht mehr zu gebrauchen sind. Weil sie zum großen Teil aus hochwertigen Rohstoffen bestehen, können sie im Recycling gut wiederverwertet werden.

 

 

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