News aus Baden-Württemberg
Knapp 15.000 Menschen im Land dürfen mit Sprengstoff umgehen

News aus Baden-Württemberg Knapp 15.000 Menschen im Land dürfen mit Sprengstoff umgehen

Quelle: Marius Bulling/dpa
dpa

Sie böllern auf traditionellen Festen oder stopfen für die Jagd Pulver in ihre Patronenhülsen: Tausende Menschen im Land dürfen mit Schwarzpulver und Co. umgehen. Die Grünen kritisieren zu laxe Regeln – und fürchten vor allem Sprengstoff in Händen von Verfassungsfeinden.

Immer mehr Menschen im Südwesten dürfen Sprengstoff besitzen. Im Jahr 2022 waren 14 785 Menschen im Besitz einer sogenannten Sprengstofferlaubnis. Das geht aus einer Antwort des Umweltministeriums an den Grünen-Innenpolitiker Oliver Hildenbrand hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Jahre zuvor lag der Wert niedriger, 2021 waren es etwa 14 560. Hildenbrand findet die Zahl besorgniserregend. Er fordert eine entsprechende Verschärfung des Waffen- wie des Sprengstoffgesetzes. Jeder, der eine Sprengstofferlaubnis beantrage, solle nach dem Willen der Grünen-Fraktion künftig ein psychologisches Gutachten vorlegen.

Das Ministerium fragte für die Erhebung die Regierungspräsidien und örtlichen Polizeibehörden im Land ab. In den vergangenen fünf Jahren wurde demnach nur in zwei Dutzend Fällen die Erteilung einer Sprengstofferlaubnis untersagt. Knapp 50 Mal wurden im Zeitraum von 2018 bis 2022 Erlaubnisse widerrufen. In den Landkreisen Rems-Murr, Ortenau und Hohenlose entzog man dabei Reichsbürgern die Sprengstofflizenz. In den Kreisen Reutlingen und Rottweil wurden drei Inhaber einer solchen Erlaubnis als verfassungsfeindliche Reichsbürger eingestuft – das Verfahren zum Widerruf sei dort eingeleitet worden, aber nicht abgeschlossen.

Man müsse neben dem Waffengesetz das Sprengstoffgesetz stärker in den Blick nehmen und die «Sicherheitsplanken» nochmal erhöhen, sagte Hildenbrand. «Wir können zwar niemandem in den Kopf gucken», sagte er. «Aber wir können verlangen, dass alle, die eine waffen- oder sprengstoffrechtliche Erlaubnis anstreben, ihre psychische Eignung nachweisen müssen.» Die Vorlage eines entsprechenden Gutachtens sollte zur Überprüfung der persönlichen Eignung immer dazu gehören.

Das Innenministerium wollte zu der Forderung der Grünen keine Stellung beziehen – das Sprengstoffrecht liege im Geschäftsbereich des Umweltministeriums, sagte ein Sprecher. Das Ministerium verwies auf die Novellierung des Sprengstoffgesetzes, die der Bund für die laufende Legislaturperiode angekündigt habe. Im Rahmen der Novellierung solle diskutiert werden, ob zukünftig bei jedem Verfahren ein psychologisches Gutachten gefordert werden sollte.

Gibt es Bedenken gegen die persönliche Eignung für den Besitz von Sprengstoff, verlangt die Behörde ein ärztliches Gutachten. Nach der Erhebung des Umweltministeriums wurde das in den vergangenen fünf Jahren nur von rund einem Dutzend Antragstellern verlangt. Die Feststellung der persönlichen Eignung sei derzeit eine reine Floskel, kritisierte Hildenbrand. Eine Verschärfung der Regeln sei im Interesse aller, die verantwortungsvoll mit Sprengstoff umgingen.

Immer wieder horten Menschen gefährlichen Sprengstoff in ihren Wohnungen und Häusern. Der kleine Ort Althütte im Schwäbischen Wald schrammte etwa im Jahr 2008 an einer Katastrophe vorbei. Bei einer Razzia stießen Polizisten bei einem Hobbybastler auf 70 Kilogramm Sprengstoff und Feuerwerkskörper in Eimern und Kisten im ganzen Haus. Der Mann hatte keine terroristischen Motive, dafür aber ein bizarres Hobby – er hantierte gerne mit Sprengstoff und erfreute sich ab und zu wohl an einer Sprengung an abgelegenen Orten, hieß es damals.

Auch Verfassungsfeinde sind im Besitz von Waffen und Sprengstoff. Im März war bei einer Razzia gegen die Szene eine Durchsuchung in Reutlingen eskaliert – ein mutmaßlicher «Reichsbürger» schoss auf einen SEK-Beamten und verletzte diesen am Arm. Nach Angaben des Innenministeriums besaß der Sportschütze vier Waffenbesitzkarten, einen Kleinen Waffenschein – und eine Erlaubnis zum Besitz von Sprengstoff.

Aufgrund des Reutlinger Falls habe er sich bei der Landesregierung erkundigt, wie viele Leute eine solche Erlaubnis besitzen, erklärte Hildenbrand. Ergebnis: Fast 15.000 Menschen dürfen mit Schwarzpulver, Nitrozellulosepulver oder anderen explosionsgefährlichen Stoffen hantieren. Allein von März 2022 bis März 2023 nahmen 1145 Menschen in Baden-Württemberg an Lehrgängen im Südwesten teil, um die sogenannte Fachkunde für eine Sprengstofferlaubnis zu erwerben. «Unser Waffen- und Sprengstoffgesetz verhindert nicht, dass Waffen in die falschen Hände geraten», sagte Hildenbrand. «Das ist ein unerträgliches Sicherheitsrisiko.»

Die Jäger im Land sehen hingegen keine Notwendigkeit für schärfere Gesetze. Beim sogenannten Wiederladen werden leere Patronenhülsen mit Pulver gestopft und wiederverwertet. Der Landesjagdverband verweist auf die Voraussetzungen, um eine Sprengstofferlaubnis zu erhalten – das Mindestalter von 21 Jahren, Nachweise der persönlichen Eignung, der Zuverlässigkeit, eines Bedürfnisses und der Fachkunde mittels eines Lehrgangs. Beim Wiederladen gehe es nicht nur um Wirtschaftlichkeit, sondern auch darum, die passgenaue Munition für den jeweiligen Zweck herzustellen, sagte ein Sprecher des Verbands. Auch die Nachhaltigkeit sei bei der mehrfachen Verwendung von Patronenhülsen zu begrüßen. Dafür gebe es bereits einen engen rechtlichen Rahmen.

 

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