Nachrichten Laut Innenministerium: Politiker werden immer häufiger angegriffen und bedroht
Hasskommentare, Pöbeleien und sogar Schläge: Kommunalpolitiker werden immer wieder zu Opfern von Gewalt. Und das immer häufiger.
Nach wie vor wird gegen Bürgermeister gewütet, Abgeordnete werden bedroht und eingeschüchtert, Ehrenamtliche beleidigt. Oft ist das nur mit ein paar Klicks auf der Computer-Maus erledigt, die Schmähung steht im Netz. «Fühl Dich nicht so sicher», muss ein Ortsbürgermeister lesen, «Wir können jederzeit zuschlagen», wird einem Parlamentarier gedroht. Nicht nur durch das Internet, auch durch Anfeindungen auf offener Straße oder in oft anonymen Briefen erhöhte sich die Zahl dieser registrierten Straftaten in Baden-Württemberg erneut deutlich. Seit vielen Jahren werden strengere Gesetze und härtere Strafen vor allem gegen Politiker-Stalking gefordert.
Nach Angaben des Innenministeriums sind allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 267 Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger verübt worden, vor allem wegen Beleidigungen. Das sind 54 Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. «Sicher ist der Anstieg auch im Kontext der Europa- und Kommunalwahlen zu sehen», sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU). «Da ist die politische Stimmung aufgeheizter, da müssen wir erfahrungsgemäß mehr Gewalt und Aggression feststellen.» Auch gebe es bei diesen Anlässen mehr Gelegenheiten. «Freilich ist das durch nichts zu rechtfertigen», betonte Strobl.
Strobl spricht von einer verrohten Gesellschaft
Aus seiner Sicht lässt sich der stete Anstieg der Zahlen auf einen neuen Höchststand weniger dadurch begründen, dass Taten schneller angezeigt werden. Vielmehr gehe es um die «Verrohung in der Gesellschaft», sagte Strobl. Ähnlich sei es auch in anderen Bereichen, etwa bei der Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten, gegen Angehörige der Feuerwehr und des Rettungsdienstes, gegen Krankenhausbedienstete. «Das ist die traurige Realität und genau das Gegenteil dessen, was diesen Berufsgruppen eigentlich gebührt: Respekt. Und diese Gewalt, dieser Hass, die Hetze nimmt eben auch gegen Amtsträger zu.»
Viele politisch engagierte Menschen hält das nach Einschätzung des Innenministers ab, sich öffentlich einzusetzen: «In der Kommunalpolitik haben wir immer mehr Menschen, die sich ein Amt von vorneherein nicht antun möchten oder die auf eine weitere Amtszeit verzichten», sagte Strobl. «Aber wenn Menschen sich nicht mehr trauen, aktiv ihre demokratischen Rechte wahrzunehmen, dann müssen bei uns allen die Alarmglocken klingeln. Das geht auch ans demokratische Fundament.»
Auch der Gemeindetag fordert schärfere Strafen
Immer wieder sind in den vergangenen Monaten Attacken auf Politikerinnen und Politiker verschiedener Parteien bundesweit publik geworden. Nach dem brutalen Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke in Dresden Anfang Mai hatten sich die Innenminister von Bund und Ländern dafür ausgesprochen, Angriffe auf Politiker und Wahlhelfer härter zu bestrafen.
Auch der baden-württembergische Gemeindetag fordert seit vielen Jahren schärfere Strafen, um Politiker vor allem gegen Stalker zu schützen. Es dürfe bei Hass und Hetze keinen rechtsfreien Raum geben, auch nicht im Internet, sagte der Präsident des Gemeindetags, Steffen Jäger. Verfahren nach Angriffen oder sonstigen Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger dürften nicht mehr wegen «mangelnden öffentlichen Interesses» eingestellt werden. «Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger betreffen letztlich immer die Öffentlichkeit», sagte Jäger. Sie müssten deshalb immer automatisch im öffentlichen Interesse verfolgt werden.
Gesetzentwurf zum Politiker-Schutz steht
Vor einer Woche brachte das Bundeskabinett Maßnahmen für den besseren Schutz von Einsatzkräften und Ehrenamtlichen auf den Weg. Der Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sieht mehrere Ergänzungen im Strafgesetzbuch vor, um Angriffe auf Rettungskräfte, Polizisten oder Ehrenamtliche besser strafrechtlich zu erfassen, wie das Ministerium mitteilte. Auch die Nötigung von politisch Engagierten wie Mitgliedern eines Gemeinderates oder des Europäischen Parlaments soll demnach nun unter Strafe gestellt werden.