Land verschärft Einschränkungen für das öffentliche Leben Nur noch zwei Menschen dürfen zusammen draußen sein
Im Kampf gegen das Coronavirus steuert der Südwesten noch einmal etwas nach. Nur noch zwei Menschen dürfen zusammen draußen sein. Bis die Infektionszahlen zurückgehen, dauert es aber wohl noch.
Öffentliches Leben wird weitgehend heruntergefahren
In Baden-Württemberg dürfen von diesem Montag an wegen des Coronavirus nur noch zwei Menschen zusammen draußen sein. Ausnahmen gibt es für Familien. Das sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach einer Telefonschalte der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag. Zuletzt galt, dass drei Menschen im Südwesten zusammen unterwegs sein durften. Neu ist auch, dass Menschen, die nicht gemeinsam in einem Haushalt leben, in der Öffentlichkeit einen Abstand von 1,5 Metern zueinander halten sollen.
Kretschmann appellierte an die Bürger, sich an die Regeln zu halten – egal, ob im Supermarkt oder beim Spazierengehen. Das öffentliche Leben werde im Südwesten weitgehend heruntergefahren. „Aber wir machen Baden-Württemberg nicht komplett dicht“, sagte er. Es sei nicht verboten, die Wohnung zu verlassen – etwa für Arztbesuche, zum Einkaufen oder um frische Luft zu schnappen.
Wann zeigen die Maßnahmen Wirkung?
Bis die Maßnahmen Wirkung zeigten, werde es aber bis zu 14 Tage dauern. Bis dahin müsse man mit steigenden Infektionszahlen rechnen. Zuletzt hatte seine grün-schwarze Regierung am Freitag schärfere Regeln beschlossen. So müssen Gaststätten und Restaurants seit Samstag geschlossen bleiben. Essen darf geliefert oder mitgenommen werden.
Die strikten Einschränkungen werden nach Eindrücken der Polizei vom Wochenende weitgehend eingehalten. Zu größeren Menschenansammlungen sei es nur vereinzelt gekommen – öffentliche Corona-Partys seien nicht mehr festgestellt worden. Das teilte das Innenministerium am Sonntag mit. Bis zum Nachmittag habe die Polizei landesweit aber noch 331 Verstöße gegen das Bundesinfektionsschutzgesetz festgestellt. Es seien 317 Strafverfahren und zwölf Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten eingeleitet worden. Gerade jüngeren Menschen sei oft noch nicht klar, wie notwendig die Maßnahmen seien, hieß es.
Bürger halten sich großteils an Regeln
In Freiburg gilt ein strikteres Betretungsverbot für Gruppen auf öffentlichen Plätzen. Auch daran haben sich die Bürger im Großen und Ganzen gehalten. Es gab aber Ausnahmen, wie die Polizei am Sonntagnachmittag mitteilte. Insgesamt wurden rund 50 Verstöße festgestellt. Es wurden in einem niedrigen zweistelligen Bereich Straf- und Bußgeldverfahren eingeleitet. Die Polizei musste in Freiburg zudem die Schließung von mindestens zehn Läden durchsetzen.
Um Klarheit in der Frage zu bringen, welche Unternehmen schließen müssen, hat das Wirtschaftsministerium eine Auslegungshilfe mitsamt einer Liste von Ausnahmen veröffentlicht. Vollständigkeit könne jedoch angesichts der Vielfalt von Betrieben und Branchen nicht garantiert werden, hieß es: Die Liste werde von der Landesregierung kontinuierlich aktualisiert. Zu jenen, die schließen müssen, gehören nun auch Friseure, Blumenläden und Massagestudios, während beispielsweise Hofläden und Kioske weiterhin Waren anbieten können.
Zahl der Infizierten in Baden-Württemberg
In Südwesten steigt die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus rasant. 23 infizierte Menschen sind mit Stand Samstagabend bislang gestorben, mehr als 3800 haben sich mit dem Virus angesteckt.
Besonders schlimm wütet das Virus im benachbarten Elsass in Frankreich. Baden-Württemberg hat angeboten, schwerkranke Patienten aus Frankreich in Kliniken aufzunehmen. Nach Angaben eines Regierungssprechers gilt das Angebot zeitlich befristet und für eine begrenzte Zahl von Patienten. Die ersten Patienten aus dem Elsass kamen laut Wissenschaftsministerium am Wochenende im Südwesten an.
In der Autoindustrie wird die Coronavirus-Krise nach Ansicht von Daimler-Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht tiefe Spuren hinterlassen. „Es soll jetzt niemand glauben, dass das in zwei Wochen erledigt ist.“ Was die Regierung derzeit unternehme, um das öffentliche Leben herunterzufahren, sei richtig und notwendig. Aber als Folge werde sich eine Wirtschaftskrise entwickeln.
Finanzhilfen für Unternehmen
Die Finanzhilfen für Unternehmen sollen nach den Worten von CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart zügig fließen. Ziel sei es, dass das Programm des Landes an diesem Mittwoch stehe und die Hilfen beantragt werden könnten. Insgesamt stünden kurzfristig 12,7 Milliarden Euro bereit. Davon kämen 6,2 Milliarden vom Land und wohl 6,5 Milliarden vom Bund. Der Landtag hatte am Donnerstag im Eilverfahren die Weichen für das Hilfsprogramm des Landes gestellt.
FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke machte Druck: „Jeder Tag, an dem noch keine Hilfen beantragt werden können, zählt.“ Auch der SPD-Abgeordnete Boris Weirauch kritisierte: „Einmal mehr zeigt sich, dass Grün-Schwarz nur unter Druck in die Gänge kommt und nach der Entscheidung des Landtags fast eine Woche braucht, bis die angekündigten Finanzhilfen fließen können.“ Die CDU-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl 2021, Susanne Eisenmann, forderte laut „Stuttgarter Nachrichten“ (Montag) eine Ausweitung des Rettungsschirms auf Unternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitern. Bisher hatte das Land geplant, nur Firmen mit bis zu 50 Mitarbeitern zu fördern.