News aus Baden-Württemberg
Nur wenige Bußgelder bei Pflege-Impfpflicht: Land hakt nach

News aus Baden-Württemberg Nur wenige Bußgelder bei Pflege-Impfpflicht: Land hakt nach

Quelle: Daniel Bockwoldt
dpa

Zwar ist die allgemeine Corona-Impfpflicht gescheitert. Aber seit Mitte März brauchen Beschäftigte in der Pflege einen Impfnachweis, sonst droht ihnen die Freistellung. Nun wird es langsam ernst – aber in einigen Kreisen wird wohl eher auf Zeit gespielt.

Drei Monate nach Beginn der Corona-Impfpflicht für Beschäftigte in Seniorenheimen und Kliniken sind im Südwesten erst wenige Bußgelder gegen ungeimpfte Pflegekräfte verhängt worden. Das Sozialministerium hakt nun per Umfrage bei den Gesundheitsämtern nach. Diesen Montag solle die Abfrage nach der Umsetzung der Impfpflicht beendet sein und dann ausgewertet werden, sagte eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Zwar sei der Spielraum der Kreise beim Umgang mit ungeimpften Beschäftigten groß, doch in der Hauptsache gehe es darum, Alte und Kranke in Heimen und Krankenhäusern zu schützen. Aus Sicht von Joachim Walter, Präsident des Landkreistags, droht die Impfpflicht den Pflegenotstand im Land zu verschärfen. Er dringt darauf, die Regel auszusetzen.

Tempo variiert zwischen Kreisen – Calw und Karlsruhe gehen voran

Im Landkreis Calw wurden bisher 81 Verfahren eingeleitet, in 15 Fällen wurden Bußgeldbescheide erlassen, wie eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Die Betroffenen müssen 250 Euro zahlen und damit rechnen, dass sie unter Umständen bis Ende des Jahres in ihrem Job am Patienten nicht mehr arbeiten dürfen oder sogar ganz freigestellt werden. Das Landratsamt Karlsruhe hat kürzlich im zweistelligen Bereich Verfahren zur Einleitung eines Bußgeldes an die Bußgeldstelle der Stadt Karlsruhe weitergeleitet. Im Kreis Reutlingen wurde in etwa 80 Fällen ein Bußgeld angedroht.

In den vergangenen Wochen haben sich Zehntausende Beschäftigte ohne Impfnachweis bei den Gesundheitsämtern gemeldet, doch in vielen Kreisen dauern die Verfahren noch an, wie eine dpa-Umfrage ergab. Das trifft zum Beispiel auf Mannheim, Tübingen, den Enzkreis und den Kreis Breisgau-Hochschwarzwald zu. Ein Sprecher des Landkreistags sagte, der Stand der Umsetzung variiere zwischen den Kreisen. «Es kommt unter anderem darauf an, welche Konsequenzen Bußgelder und sonstige Verwaltungsmaßnahmen für die Versorgungssicherheit haben würden und ob das jeweilige Gesundheitsamt aktuell nicht mit anderen prioritären Aufgaben befasst ist.»

Landkreispräsident tritt auf die Bremse

Im Landkreis Tübingen von Landrat Joachim Walter wurden bisher noch keine Bußgelder verhängt, sondern Erinnerungsschreiben verschickt. «Insgesamt gehen wir mit Bedacht und Augenmaß vor, zumal sich bei uns viele Einrichtungen melden, die uns bitten, keine Betretungsverbote zu verhängen», sagte Walter der dpa. Kliniken befürchten demnach Personalmangel und dass Patienten nicht mehr ausreichend versorgt werden können. Der CDU-Mann sagte: «Aus unserer Sicht wäre es an der Zeit, sich einzugestehen, dass es keinen anderen Weg gibt, als die einrichtungsbezogene Impfpflicht auszusetzen, bevor der bereits bestehende Pflegenotstand vollends eskaliert.»

Walter lässt auch das Argument nicht gelten, mit der Impfpflicht würden Alte und Kranke geschützt. «Da die Corona-Schutzimpfung zwar schwere Krankheitsverläufe vermeiden hilft, sie bei der aktuellen Virusvariante das Übertragungsrisiko aber nicht wirklich reduziert, ist es politisch durch nichts zu rechtfertigen, dass Beschäftigte des Gesundheits- und Pflegebereichs im Unterschied zu allen anderen Berufsgruppen ein Berufsverbot riskieren, wenn sie sich nicht impfen lassen.» Das geimpfte Personal habe eine noch höhere Arbeitslast zu tragen, was nicht selten zu weiteren Ausfällen führe: «Ein echter Teufelskreis», kritisiert Walter. Die Teil-Impfpflicht sei «ein reines Behördenbeschäftigungsprogramm ohne erkennbar positive Auswirkung auf das pandemische Geschehen».

Ultima ratio: Betretungsverbot

Seit Mitte März gilt die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht. Kliniken, Heime und Einrichtungen, Praxen und ambulante Dienste müssen seitdem Mitarbeitende beim Gesundheitsamt melden, die nicht geimpft oder genesen sind oder bei denen es Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Nachweise gibt. Bis zum Ablauf einer zweiwöchigen Meldefrist Ende März wurden den Behörden nach Angaben des Sozialministeriums rund 32 000 ungeimpfte Beschäftigte gemeldet. Neuere Zahlen soll die neue Umfrage bringen.

Die Gesundheitsämter betrachten bei der Kontrolle der Impfpflicht jeden Fall einzeln. Zunächst wird versucht, die Betroffenen von der Maßnahme zu überzeugen. Ist kein Umdenken in Sicht, kann das Amt «innerhalb einer angemessenen Frist» das Betreten des Arbeitsplatzes und die dort ausgeübte Tätigkeit untersagen. Auch ein Bußgeld von bis zu 2500 Euro ist möglich. Die Betreiber können aber auch versuchen, individuelle Lösungen zu finden, um den Schutz gefährdeter Gruppen zu gewährleisten. Dazu zählten etwa patientenferne Tätigkeiten oder besondere Hygienemaßnahmen für Beschäftigte, um Betretungsverbote zu vermeiden.

 

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