News aus Baden-Württemberg
Tierwohl-Apps sollen Schweine- und Rinderbauern helfen

News aus Baden-Württemberg Tierwohl-Apps sollen Schweine- und Rinderbauern helfen

Quelle: Fitforpigs/dpa
dpa

Ist die Kuh zu dünn, ist das Schwein krank? Fragen des Tierwohls und der Tiergesundheit werden immer wichtiger. Bauern bekommen jetzt moderne Hilfen an die Hand, um den Zustand ihrer Vierbeiner besser beurteilen zu können. Doch werden die Angebote auch genutzt?

Mit Apps auf ihren Smartphones sollen Landwirte das Wohl ihrer Tiere besser im Blick haben. So kann der Bauer über das in Baden-Württemberg entwickelte Angebot «Fit for pigs» zum Beispiel aktuelle Informationen über Krankheiten wie die Afrikanische Schweinepest abrufen. Fotos und Videos sollen bei der Einordnung helfen, ob die eigenen Tiere betroffen sind. Die App «Q-Wohl-BW» soll vor allem der Eigenkontrolle dienen. Landwirte können so etwa überprüfen, ob die Haltungsbedingungen ihren Rindern schaden.

Tierwohl gewinnt nicht zuletzt wegen Skandalen auf einzelnen Höfen an Bedeutung und öffentlicher Beachtung. «Gesunde Tiere sind eine wesentliche Voraussetzung für eine leistungsfähige und tierwohlgerechte landwirtschaftliche Nutztierhaltung», sagte Landwirtschaftsminister Peter Hauk der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. «Bei der Anwendung der App auf dem Smartphone erhält der Praktiker direkt im Stall wichtige Informationen über den Zustand der gehaltenen Schweine», erläuterte der CDU-Politiker.

«Fit for pigs» wurde am 8. September 2020 als «erste E-Learning Schweinesignal-App in der Form weltweit» gestartet, wie die Entwickler erklären. Mehr als 1700 Mal wurde die App schon heruntergeladen. Sie wird nach Erkenntnissen des Ministeriums auch außerhalb von Baden-Württemberg eingesetzt. Und soll ein internationaler Erfolg werden: Übersetzungen neben Englisch ins Rumänische, Russische, Spanische und Französische seien geplant.

Ein wesentlicher Vorteil der App liegt aus Sicht des Ministeriums darin, dass Landwirte das Wissen vermittelt übers Handy quasi in der Tasche haben und direkt im Stall anwenden könnten. Anders als in Lehrbüchern zur Tiergesundheit biete die App auch Tonspuren und hochauflösende Wärmebildkamera-Aufnahmen und -Videos. Hinzu kämen Erklärvideos beispielsweise zu den Frage, wie man ein Ferkel tierschutzgerecht greift und wie man korrekt Fieber misst. Auch neueste Forschungserkenntnisse gerade aus dem Bereich Tierschutz und Tierwohl sollen so ohne Zeitverlust zum Anwender kommen.

«Die App ist auch als neues Ausbildungsinstrument für Auszubildende in der Landwirtschaft, aber auch Studenten der Landwirtschaft und Tiermedizin entwickelt», teilte das Ministerium weiter mit. Es sei manchmal gar nicht einfach, den Ernährungszustand in jedem Alter der Tiere, bei verschiedenen Rassen, unterschiedlichen Gruppengrößen und Stallsystemen korrekt einzuschätzen. Die App ersetze die Ausbildung nicht, liefere jedoch ein gutes Handwerkszeug.

Unabhängig davon sei die Anwendung von Tierwohl-Apps insbesondere bei größeren Tierbeständen zu empfehlen. «Sie unterstützen den Tierhalter bei der Tierbeobachtung und der objektiven Erfassung des Gesundheitszustands seiner Tiere sowie bei der Ursachenanalyse festgestellter Symptome.» Kranke Tiere könnten schneller behandelt, Haltungs-, Management- oder Fütterungsfehler rascher behoben werden. Außerdem sei ein Landwirt kein Tierarzt und müsse vor allem schnell erkennen, wenn es irgendwo Probleme gibt, um diese anzugehen.

Für die Bewertung des Tierwohls bei Milchkühen ist seit 2018 die App «Q-Wohl-BW» kostenlos für Landwirte sowie Lehr- und Beratungskräfte verfügbar. Sie wurde bisher rund 600 Mal heruntergeladen. Hier kann der Bauer etwa überprüfen, ob seine Tiere eine falsche Kopfhaltung haben oder ob sie zu dick oder zu dünn sind.

Über die Digitalisierungsstrategie des Landes wird die Entwicklung der App «Pro-Q-BW» finanziert, die das Ganze um ein Beratungstool ergänzen soll. Sie soll Mitte 2021 für die Praxis zur Verfügung stehen. Die bisher bekannten Angebote beschränkten sich in den meisten Fällen auf die Bewertung der Ist-Zustände und enthielten keinerlei Maßnahmenempfehlungen zur Schwachstellenbehebung, erklärte das Ministerium den Bedarf der Weiterentwicklung.

Praktiker scheinen allerdings eher skeptisch. Eine Sprecherin des Landesbauernverbandes sagte, dort wisse man nur von wenigen Anwendern. Die bisherigen Angebote seien eher für Berufseinsteiger, Azubis oder auch Praktikanten aus Osteuropa. Ein gestandener Landwirt beispielsweise erkenne Krankheiten dank seiner Erfahrung ohne App.

Auch andere Bundesländer haben Tierwohl-Apps im Angebot, wie das Ministerium mitteilte. Als Beispiele nannte eine Sprecherin «Cowsandmore» der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen sowie den «Tierwohl Check» des Landeskontrollverbandes Schleswig-Holstein.

 

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