Städtische Finanzen in der Corona-Krise
Verluste in Millionenhöhe: Stadt Karlsruhe fordert Rettungsschirme

Städtische Finanzen in der Corona-Krise Verluste in Millionenhöhe: Stadt Karlsruhe fordert Rettungsschirme

Quelle: Pixabay

Welche finanziellen Folgen hat die Corona-Krise für den Haushalt der Stadt Karlsruhe? Erste Bürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz und Stadtkämmerer Torsten Dollinger veröffentlichen erste Prognosen – und fordern dringend Hilfe von Bund und Land.

Wirtschaftliche Lage der Stadt Karlsruhe

Die Corona-Krise hat nicht nur große Auswirkungen auf das Leben jedes Einzelnen, sondern auch massive Folgen auf die öffentlichen Haushalte. Nach den jüngsten Steuerschätzungen in Baden-Württemberg rechnet das Finanzministerium mit weniger Steuereinnahmen in einer Größenordnung von rund 3,3 Milliarden Euro. Und auch die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der Stadt Karlsruhe sind enorm.

Erste Bürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz und Stadtkämmerer Torsten Dollinger stellten am Mittwoch, 20. Mai 2020, erste Zahlen in einer Online-Pressekonferenz vor. Es sei eine Situation, die man so bisher nicht hatte und nicht kannte, erklärte Luczak-Schwarz eingangs.

 

Verluste zwischen 182 und 250 Millionen Euro

Klar ist, dass mit einer deutlichen negativen Entwicklung zu rechnen sein muss. Derzeit werden bei den Schätzungen hinsichtlich des städtischen Haushaltes zwei Szenarien zugrunde gelegt. Bei einem Normal-Case geht man davon aus, dass der Höhepunkt der Pandemie bereits überschritten ist und dass das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben von nun an wieder hochgefahren wird. In diesem Falle geht die derzeitige Prognose zum Jahresende 2020 von einem Minus von 182,3 Millionen Euro aus.

Im Worst-Case-Szenario wird davon ausgegangen, dass weitere wirtschaftliche Einschränkungen aufgrund der Corona-Krise folgen werden. In diesem Fall fällt die Prognose noch düsterer aus: Es wird dann mit Verlusten in Höhe von 250,3 Millionen Euro gerechnet. Ursprünglich hatte die Stadt mit einem Plus von 11,4 Millionen Euro geplant.

Zum Vergleich: Seit 2007 konnte die Stadt im Ergebnishaushalt immer – abgesehen vom Jahr 2009 – einen Überschuss erwirtschaften, stellte Stadtkämmerer Drollinger vor. Die jetzige Prognose zum Jahresende 2020 sei eine „exorbitante Summe, eine Lücke, die sich innerhalb eines Haushaltsjahres nicht schließen lässt“.

 

Gründe für die Millionen-Verluste

Das Loch in den Finanzen ist vor allem in drei Bereichen festzumachen: Einbruch der Steuereinnahmen, Corona-bedingte Mehrausgaben – wie Erstattung der Kita-Gebühren oder benötigte Schutzausrüstung – und Verluste bei den städtischen Gesellschaften. Mit einem Minus von 172,4 Millionen rechnet die Stadt aufgrund von fast 50 Millionen Euro Gewerbesteuer, die fehlen werden, knapp 25 Millionen beim Städtischen Klinikum sowie Verlusten von rund 50 Millionen Euro bei der KVVH, der Karlsruher Versorgung-, Verkehrs- und Hafen GmbH. Dazu gehören die Stadtwerke, die Verkehrsbetriebe, die Bädergesellschaft und die Schieneninfrastrukturgesellschaft sowie der Geschäftsbereich Rheinhäfen.

Rund 14,7 Millionen Euro Verluste werden im Bereich Soziales und Jugend erwartet – durch beispielsweise weniger Erträge im Kita-Bereich und die Notversorgung für Obdachlose. Zudem fehlen 16 Millionen Euro bei „sonstigen Dienststellen“, unter anderem durch über eine Dauer von drei Monaten fehlende Bußgelder und Parkgebühren, Schutzausrüstung oder weniger ausgestellte Baugenehmigungen.

 

Stadt fordert Hilfe von Bund und Land

Bislang hat die Stadt Karlsruhe 6,4 Millionen Euro Soforthilfe vom Land erhalten. Zu wenig, finden Bürgermeisterin und Stadtkämmerer. Verluste in diese Millionenbereich seien für eine Stadt nicht mehr stemmbar. Sie fordern deshalb: „Wir brauchen dringend und so schnell wie möglich einen kommunalen Rettungsschirm, da müssen Bund und Land mit ins Boot“, so Luczak-Schwarz. Es könne nicht sein, dass der Bund Gelder für die Bundesbahn gebe, aber die Stadt im Bereich ÖPNV auf den nicht gezahlten Fahrterlösen sitzen bleibe.

Man habe umgesetzt, was Bund und Länder beschlossen hatten, vieles sei mit Aufwendungen verbunden gewesen. „Wir machen unsere kommunalen Hausaufgaben“, sagte die Erste Bürgermeisterin an und setzte nach: „Es muss möglich sein, dass uns der Bund in der Situation unterstützt. Ich bin nicht die einzige Finanzbürgermeisterin, die diese Forderung ausspricht.“ Sie erwarte einen Schulterschluss mit den Kommunen. Das sei in dieser Situation unabdingbar, um die Gesellschaft wieder in die Normalität zu führen.

 

Aktuelle Investitionen & Ausblick auf 2021 und 2022

„Wir tun so, als gäbe es bei den Investitionen keine Corona-Krise“, kündigte die Finanzbürgermeisterin für das restliche Jahr 2020 an. Man wolle die kommunale Wirtschaft unterstützen, sodass diese auch in der Krise Aufträge erhalte. Das Gesamtbudget für Investitionstätigkeiten beträgt 384 Millionen Euro (95,5 Millionen stammen noch aus den Vorjahren). Auch bei zahlreichen Zuschüssen werden keine Kürzungen vorgenommen, um Institutionen durch die Krise zu begleiten. Das seien sehr gute Rahmenbedingungen in dieser schwierigen Zeit seitens der Kommune, so Luczak-Schwarz.

2021 müsse man sich dann aber darauf einstellen, dass nicht so viele investive Maßnahmen beginnen könnten, dass das ein oder andere Projekt verschoben werden müsste. Das bisher geplante Ausgabenniveau von 2021 müsse deutlich abgesenkt werden. Zusätzliche konsumtive Ausgaben seien nicht möglich, der Fokus liege primär darauf, bestehende rechtliche und vertragliche Verpflichtungen einzuhalten, so das Fazit. Ab 2022 werde sich infolge der Mehrkosten für den ÖPNV der finanzielle Spielraum weiter einschränken.

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