News aus Baden-Württemberg
Entlastung an den Gerichten: Landesregierung setzt weiter auf Schnell-Prozesse

News aus Baden-Württemberg Entlastung an den Gerichten: Landesregierung setzt weiter auf Schnell-Prozesse

Quelle: Swen Pförtner/dpa/Symbolbild
dpa

Ein schneller Prozess, ein zügiges Urteil. Davon verspricht sich das baden-württembergische Justizministerium Entlastung an den Gerichten und hofft auch darauf, damit Straftaten zu verhindern. Doch nicht alle Verfahren eignen sich.

Die Landesregierung Baden-Württemberg setzt immer stärker auf beschleunigte Verfahren in Prozessen. Für einen flächendeckenden Ausbau von Schnellprozessen stehen ab dem Jahr 2024 nach Auskunft des Justizministeriums sechs neue Stellen zur Verfügung. Diese sollen drei weiteren Standorten zugewiesen werden. «Im Blick dafür sind die Standorte Heidelberg, Konstanz und Tübingen», gab Justizministerin Marion Gentges (CDU) in einer in Stuttgart veröffentlichten Antwort auf eine Landtagsanfrage der SPD-Fraktion bekannt.

Bei vergleichsweise geringen Vergehen werden Kleinkriminelle damit auch künftig immer häufiger innerhalb von 24 Stunden vor einem Richter landen. Mit den Urteilen am selben oder dem nächsten Tag will die Justiz vor allem den zeitraubenden und kostspieligen Ablauf vergangener Zeiten bei kleineren Delikten umgehen. Schnelle Entscheidungen vor Gericht sollen nicht nur Staatsanwaltschaften und Gerichte, sondern auch Opfer und Zeugen entlasten. Ein zügiges Urteil wird auch als elementarer Bestandteil der Kriminalprävention erachtet. «Das Zentrale ist, dass ein glaubwürdiger Rechtsstaat einer Straftat zügig eine Sanktion nachfolgen lässt», sagt der Vorsitzende des Richterbundes in Baden-Württemberg, Wulf Schindler.

Ob alleine damit eine Verringerung der Straftaten herbeigeführt werden könne, sei bislang statistisch nicht hinreichend belegt, sagte Schindler. «Welche Ursachen bei sinkenden Kriminalitätszahlen wirksam sind, lässt sich aus dem bloßen Umstand sinkender Straftatenzahlen nicht seriös ableiten.» Viele andere Faktoren müssten nämlich auch erwogen werden, beispielsweise: Veränderungen im Anzeigeverhalten der Bürger und Veränderungen in der Demografie – denn ältere Leute begingen statistisch gesehen weniger häufig Straftaten als jüngere Menschen.

Laut dem Strafrechtswissenschaftler Jörg Kinzig ist es zu begrüßen, wenn Strafverfahren zügig zu einem Abschluss gebracht werden können. Dazu könnten beschleunigte Verfahren beitragen. «Jedoch sind von ihnen keine Wunderdinge zu erwarten. So ist zum einen zu sehen, dass ihr Anwendungsbereich zurecht auf kleinere Straftaten beschränkt ist. Zum anderen verlangt das Gesetz einen einfachen Sachverhalt oder eine klare Beweislage», erläuterte Kinzig, der auch Direktor des Instituts für Kriminologie und Inhaber des Lehrstuhls für Kriminologie, Straf- und Sanktionenrecht in Tübingen ist.

In der Vergangenheit hat sich laut Kinzig gezeigt, dass diese Voraussetzungen gerade im Falle unübersichtlicher Gemengelagen – Stichwort Silvesterkrawalle – nur selten, häufig sogar nicht gegeben seien. «Daher wird man Personalprobleme der Justiz mit dem Ausbau beschleunigter Verfahren allein wohl nicht lösen können.»

Das Projekt der Schnellverfahren war in Baden-Württemberg am 1. Juni 2020 mit Freiburg gestartet. Danach folgte Mannheim (15. Juni 2020), Stuttgart (1. Juli 2020), Offenburg (1. Juni 2022), Karlsruhe (1. August 2022), Heilbronn (1. Januar 2023) und Ulm (1. Juni 2023).

Die Anzahl der Schnellverfahren setzt sich so zusammen: in Freiburg 330 (3.6.2020 bis 15.8.2023), Mannheim 309 (16.6.2020 bis 15.8.2023), Stuttgart 172 (8.7.2020 bis 17.8.2023), Offenburg 94 (1.6.2022 bis 16.8.2023), Karlsruhe 110 (1.1.2023 bis 21.8.2023), Heilbronn 108 (1.1.2023 bis 29.8.2023), Ulm 2 (1.8.2023 bis 15.8.2023). Die Unterschiede bei den Zahlen ist durch den versetzen Beginn an den unterschiedlichen Standorten zu erklären.

Im Vergleich dazu die Anzahl aller Verfahren allein im ersten Halbjahr 2023: Freiburg 1345, Karlsruhe 1167, Mannheim 1605, Offenburg 526, Heilbronn 1567, Stuttgart 1661 und Ulm 855. Nach Auskunft eines Sprechers aus dem Justizministerium handelte es sich hauptsächlich um Diebstahlsdelikte. «Bei den übrigen Delikten haben wir im Land kein einheitliches Bild, aber insbesondere Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz werden öfter genannt.»

Für das Modellprojekt wurden im Haushalt 2020/2021 wegen des personellen und organisatorischen Mehraufwands bei den teilnehmenden Gerichten und Staatsanwaltschaften sechs neue Stellen im höheren Dienst geschaffen. Den Amtsgerichten und Staatsanwaltschaften in Freiburg, Mannheim und Stuttgart wurde jeweils eine Stelle zugewiesen. Mit den zur Förderung beschleunigter Verfahren erhaltenen acht neuen Stellen aus dem Haushalt 2022 wurden die Standorte Offenburg, Karlsruhe, Heilbronn und Ulm entsprechend an den dortigen Amtsgerichten und Staatsanwaltschaften verstärkt.

 

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