Corona in Baden-Württemberg
Wegen Corona: Geschäft der Südwest-Flughäfen bricht ein

Corona in Baden-Württemberg Wegen Corona: Geschäft der Südwest-Flughäfen bricht ein

Quelle: Uli Deck

Die Pandemie hat den Luftverkehr weltweit in die Krise gestürzt, davon sind auch die großen Südwest-Airports mit Umsatzrückgängen von bis zu 80 Prozent betroffen. Im jetzt entbrannten Kampf um staatliche Hilfsgelder argumentieren Branchenvertreter auch mit dem Klimaschutz.

Beim Passagieraufkommen ein Minus von bis zu 75 Prozent, beim Umsatz gar von bis zu 80 Prozent – die großen Südwest-Flughäfen vermelden historisch schlechte Zahlen und rufen lauter denn je nach staatliche Hilfen. Der mit Abstand wichtigste baden-württembergische Airport in Stuttgart rechnet für 2020 mit einem Fluggast-Rückgang um rund drei Viertel im Jahresvergleich auf 3,2 Millionen Passagiere. Die Erlöse dürften sich nach Schätzungen der Flughafen-Chefs vom Mittwoch gar auf etwa 150 Millionen Euro halbieren. «Es kann sogar sein, dass es noch weniger wird als die Hälfte», sagte Co-Geschäftsführerin Arina Freitag.

Noch düsterer sieht die Umsatzentwicklung beim Bodensee-Airport in Friedrichshafen aus, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Geschäftsführer Claus-Dieter Wehr erwartet ein Minus von mindestens 80 Prozent bei den Erlösen, die 2019 bei 9,5 Millionen Euro gelegen hatten. Der Airport Karlsruhe/Baden-Baden rechnet mit einem Umsatzrückgang von gut 50 Prozent auf rund 11,5 Millionen Euro.

Auch in allen anderen relevanten Kategorien ist die Lage prekär. Bei den Passagierzahlen schneidet der Baden-Airpark mit einem erwarteten Rückgang von 70 Prozent auf etwa 400 000 Fluggäste noch am besten ab. Beim Bodensee-Flughafen geht Chef Wehr – ähnlich wie seine Kollegen in Stuttgart – von einem 75-prozentigen Minus zum Jahresende auf rund 121 000 Fluggäste aus. Auch die Zahl der Starts und Landungen ist 2020 bei allen drei Airports deutlich gesunken – am drastischsten in der Landeshauptstadt, wo ein Einbruch von 65 Prozent auf nur noch 38 500 Flugbewegungen erwartet wird.

Angesichts der Dramatik dringen Branchenvertreter auf schnelle Beschlüsse zu staatlichen Corona-Hilfsgeldern, über die Bund und Länder demnächst entscheiden dürften. Nach Planungen der Bundesregierung soll der Bund die Hälfte der vorgesehenen Hilfen in Höhe von einer Milliarde Euro übernehmen, den Rest sollen die Länder aufbringen. Konkret ist dazu allerdings auch zweieinhalb Wochen nach dem Bekanntwerden dieses Aufschlags noch nichts entschieden.

Das baden-württembergische Verkehrsministerium argumentiert, vom Bund liege – abseits einer allgemeinen Ankündigung – noch kein «konkreter und belastbarer Vorschlag» über mögliche Finanzhilfen für die Flughäfen vor. Weil die Details unklar seien, könne man sich zu dem Thema zurzeit nicht näher äußern. Erwartet wird allerdings, dass sich die Verkehrsminister von Bund und Ländern in Kürze mit dem Thema befassen und dann möglicherweise auch zu einer Einigung kommen.

Eine entscheidende Frage wird sein, ob die Politik den Flughäfen mögliche Hilfen als Zuschüsse oder als Darlehen, die zurückgezahlt werden müssten, gewährt. Die Branche hat angesichts der anhaltenden Debatte um den Klimaschutz und die Folgen des Fliegens für die Umwelt nicht überall einen leichten Stand.

Die Chefs des Stuttgarter Flughafens versuchen daher, ihre Argumentation für staatliche Zuschüsse mit Umweltaspekten zu unterfüttern. «Wenn es Bundesmittel gibt, dann wird das Land sicherlich auch Komplementärmittel zur Verfügung stellen», sagte Co-Geschäftsführer Walter Schoefer und betonte auch mit Blick auf die im Land regierenden Grünen, man könne versprechen, solche Gelder zu 100 Prozent in Klimaschutzprojekte zu investieren. Diese Zusage sei möglich, weil man zurzeit einige Klimaschutzmaßnahmen geplant habe, die angesichts der Krise noch nicht finanziert seien. «Ich glaube, dass die Selbstverpflichtung, die der Flughafen da eingehen würde, vielleicht helfen könnte, wenn es Bedenken geben sollte.»

Finanzielle Unterstützung dürfte der Flughafen nötig haben, zumal sich der Luftverkehr wohl auch in den kommenden Jahren erst mal nicht gänzlich von den Pandemieerfahrungen berappeln wird. Die Verschuldung des Stuttgarter Airports stieg zuletzt stark an, beim Jahresergebnis erwarten die Verantwortlichen einen Verlust im höheren zweistelligen Millionenbereich. Und für 2021 rechnet der Airport bei den Passagierzahlen nur mit einer leichten Erholung und etwas mehr als 6 Millionen Fluggästen. Im Vorjahr war mit 12,7 Millionen Passagieren noch ein neuer Rekordwert in Stuttgart aufgestellt worden.

Das Niveau von 2019 werde wohl erst Mitte der 2020er-Jahre wieder erreicht, sagte Freitag auch mit Blick auf die Ausrichtung des wichtigsten Flughafen-Kunden Lufthansa. Der Konzern – in Stuttgart groß mit seiner Tochter Eurowings vertreten – will dauerhaft mindestens 150 Flugzeuge der Konzernflotte nicht mehr abheben lassen und Zehntausende Jobs streichen.

 

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