Zwischen Versorgung mit Medikamenten und Eigenschutz
Wenn Homeoffice keine Option ist: Apotheken an der Belastungsgrenze

Zwischen Versorgung mit Medikamenten und Eigenschutz Wenn Homeoffice keine Option ist: Apotheken an der Belastungsgrenze

Quelle: dpa/Bernd Thissen

Möglichst wenige Kontakte – genau dieses Vorgehen ist aktuell angesagt. Viele Firmen in Karlsruhe haben ihre Mitarbeiter daher ins Homeoffice geschickt. Doch das geht nicht überall: meinKA spricht mit Berufstätigen, die weiter die Stellung halten!

„Apothekenteams leisten fast Übermenschliches“

Ohne Apotheke keine Arzneimittelversorgung. Aus diesem simpel klingenden Grund ist eines klar: Für Apotheker, PTA (pharmazeutisch-technischer Assistenten) und PKA (pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte) ist in Zeiten der Corona-Krise Homeoffice keine Option. Sie werden täglich in Apotheken gebraucht. Käme ein komplettes Team wegen der Infektion eines Mitarbeiters gar in Quarantäne, müsste die Apotheke geschlossen werden. Deswegen sind in den Apotheken Sicherheitsvorkehrungen nötig, um ein solche Szenario zu verhindern. 

2.400 Apotheken gibt es laut der Deutschen Presseagentur in Baden-Württemberg. Und die sind derzeit extrem gefordert. „In den letzten Wochen haben die Apothekenteams im ganzen Land fast Übermenschliches geleistet“, sagt Frank Eickmann, Pressesprecher des Landesapothekerverbandes, gegenüber meinKA. Neben der Versorgung mit Medikamenten werde im Moment zusätzlich besonders viel Zeit für die Nachbestellung von Medikamenten benötigt, denn insgesamt sei die logistische Situation angespannt.

 

Maßnahmen zum Schutz der Apotheker

Gleichzeitig mussten die Apothekenmitarbeiter ihren Eigenschutz sicherstellen und sich in vielen Fällen komplett neu aufstellen. „Viele Apotheken haben Infektionsschutzscheiben installiert, Regeln für den Kundenverkehr eingeführt, den Botendienst verstärkt, die Bevorratung mit Arzneimitteln erhöht und mancherorts sogar Schichtbetreib eingeführt“, erklärt Eickmann. Zusätzlich haben viele Apotheken nun auch sonntags geöffnet, gleichzeitig gibt es weiterhin den Nacht- und Notdienst.

Aus industrieller Produktion ist Desinfektionsmittel derzeit nicht zu besorgen. Deshalb stellen es viele Apotheker nun selbst her. „Diese Arbeit wird in aller Regeln nach Geschäftsschluss und am Wochenende geleistet“, so der Sprecher des Verbands. Hinzu kommt, dass viele Apotheken ihren Botendienst verstärkt haben, um insbesondere ältere Menschen, Chroniker und Menschen in häuslicher Quarantäne zu versorgen. Außerdem werden weiter Alten- und Pflegeeinrichtungen unter strengen Sicherheitsvorgaben versorgt, teilweise auch Krankenhäuser und Notfallambulanzen. „Insgesamt also jede Menge zu tun, was viele Apotheken bis an die Belastungsgrenze fordert“, gibt Eickmann zu denken.

 

| Quelle: Thomas Riedel

 

Schlangen vor den Türen der Apotheke

Auch der Kontakt mit den Kunden hat sich verändert. Es gelten neue Regeln im Verkaufsraum, auf die mit Schildern hingewiesen wird. Viele Apotheken fordern ihre Kunden zusätzlich auf, sich beim Betreten der Apotheke die Hände zu desinfizieren. In den allermeisten Apotheken werden derzeit keine Körpermessungen wie Blutdruck- oder Blutzuckermessungen durchgeführt, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Andere schließen nach einer bestimmten Zeit für ein paar Minuten die Apotheke, um den Kundenbereich zu reinigen und zu desinfizieren.

Da immer nur eine begrenzte Anzahl an Kunden in die Apotheke gelassen wird, kommt es vor der Tür oft zu Schlangen. Gerade im März zu Beginn der Corona-Krise kamen auch besonders viele Kunden in die Apotheken. „Vor allem Chroniker, die regelmäßig gleiche Arzneimittel brauchen, haben sich sinnvollerweise etwas stärker bevorratet als im Normalfall. Zusätzlich haben viele Kunden ihre Hausapotheke auf Vordermann gebracht und sich mit den nötigen Medikamenten der Selbstmedikation eingedeckt“, erklärt Frank Eickmann diesen größeren Andrang. Dazu kamen die Pollenflug-Saison und die starke Erkältungssaison im nasskalten März.

 

Im Worst Case muss die Apotheke schließen

Viele Kunden haben derzeit auch Fragen – rund um die Themen Infektionsschutz, Krankheitssymptome von Covid-19 und dazu, wie sie sich persönlich bestmöglich schützen können. Insbesondere diejenigen, die zur Risikogruppe zählen, sind oft verunsichert und suchen Rat in der Apotheken. Doch trotz Verunsicherung sind die Menschen einsichtig. „Insgesamt überwiegen die geduldigen und verständnisvollen Kunden, denn sie merken, dass das Apothekenpersonal alles unternimmt, um eine gute Versorgung zu leisten“, sagt Eickmann.

Auch in der Apotheke gibt es personelle Ausfälle: Manche Mitarbeiter müssen in häusliche Quarantäne, weil ein Infektionsrisiko besteht, andere gehören selbst zur Risikogruppe und bleiben zu Hause. Dazu kommt die reguläre Erkältungssaison. Dass jemand vom Personal positiv auf Corona getestet wurde und in der Folge das komplette Team ausfallen könnte, ist in Karlsruhe bislang noch nicht vorgekommen. Manche Apothekenteams arbeiten auch in Schichten – um für den Fall, dass sich ein Teil des Teams infiziert, mit dem anderen Team weiterarbeiten zu können.

Es liegt im Interesse aller, dass das Personal in Apotheken gesund bleibt. Der Sprecher des Landesapothekerverbandes appelliert deshalb: „Helfen Sie als Kundin und als Kunde mit, das Apothekenteam zu schützen. Achten Sie ganz besonders auf die allseits bekannten Hygieneregeln, halten Sie Abstand und – nur als kleines Beispiel – halten Sie Ihre Rezept nicht zwischen den Lippen eingeklemmt, während Sie sich vielleicht gerade am Eingang der Apotheke die Hände desinfizieren.“ Und ein letztes fügt er hinzu: „Natürlich freuen sich die Apothekenteams auch immer über ein aufrichtiges ‚Danke‘.“

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