Corona in Baden-Württemberg
Baden-Württemberg will mit Schnelltests aus dem Lockdown

Corona in Baden-Württemberg Baden-Württemberg will mit Schnelltests aus dem Lockdown

Quelle: Hauke-Christian Dittrich

Alle suchen den Weg aus dem Dilemma: Der Corona-Lockdown kann nicht ewig so weitergehen, aber die Infektionszahlen steigen wieder. Was also tun? Regierungschef Kretschmann will nun doch mutiger lockern – mit Hilfe von massenhaften Schnelltests.

Baden-Württemberg dringt trotz einer drohenden dritten Corona-Welle auf eine schrittweise Lockerung des Lockdowns mit Hilfe von Schnelltests. In einem Impulspapier für die Bund-Länder-Beratungen am kommenden Mittwoch, das der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart vorliegt, schlägt das Staatsministerium von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vor, unter anderem Teile des Einzelhandels und der Gastronomie sowie Museen auf diese Weise zu öffnen. Die Veranstalter und Betreiber der Einrichtungen «müssen dafür Sorge tragen, dass nur Besucherinnen und Besucher Zutritt erhalten, die einen negativen Test vorweisen können», heißt es in dem Papier vom Donnerstag.

Der grüne Regierungschef vollzieht mit diesem Vorstoß einen Kurswechsel hin zu einer mutigeren Öffnungsstrategie, bei der das Land nicht mehr nur auf die Inzidenzzahl schauen will – trotz wieder steigender Infektionszahlen. Hintergrund sei vor allem die absehbare massenhafte Verfügbarkeit von Schnell- und Selbsttests, hieß es. Zur Erinnerung: Im Südwesten ist in gut zwei Wochen Landtagswahl, bei der Kretschmann sein Amt verteidigen möchte. CDU-Spitzenkandidatin und Kultusministerin Susanne Eisenmann, die schon seit Wochen auf massenhafte Tests dringt, ließ ausrichten: «Wir sind froh, dass offensichtlich ein Umdenken stattgefunden hat. Besser spät als nie.»

Angesichts einer drohenden dritten Corona-Welle durch die ansteckenderen Virusvarianten müsse man weiter Vorsicht walten lassen, heißt in dem Schreiben aus der Regierungszentrale. Doch mit Hilfe der Schnelltests und der bald auch einsetzbaren Laien-Selbsttests könne man die Einschränkungen abmildern. «In bestimmten Bereichen und zu bestimmten Anlässen können wir uns so ein Stück Freiheit zurückholen, ohne dass dies auf Kosten der Sicherheit geht.» Das Land schlage deshalb vor, Bereiche, in denen das Infektionsrisiko überschaubar ist, schrittweise zu öffnen. Der bundesweite Lockdown gilt noch bis zum 7. März.

Geöffnet werden könnten: «Geeignete Bereiche des Einzelhandels, Teile der Gastronomie, körpernahe Dienstleistungen, Freizeiteinrichtungen wie Freiluftmuseen, Kultureinrichtungen wie Museen oder kleinere kulturelle Events sowie bestimmte sportliche Aktivitäten, etwa Individualsport im Freien und perspektivisch auch Hotels.» Es seien Branchen und Bereiche, die vom Lockdown «besonders gebeutelt sind und dringend eine Perspektive benötigen». Viele der Firmen seien trotz massiver staatlicher Hilfe akut von der Insolvenz bedroht.

Das Land sucht mit seinem Vorschlag einen Ausweg aus einem Dilemma: Zuletzt war die Neuinfektionsrate bundesweit wieder über 60 pro 100 000 Einwohner binnen 7 Tagen gestiegen – im Land nähert man sich von unter der Schwelle von 50 diesem Wert nun wieder an. Bund und Länder hatten regionale Öffnungsschritte bei einer 7-Tage-Inzidenz von 35 nach dem 7. März angekündigt.

Kretschmann hatte am Dienstag schon erklärt, auch wenn die Zahl der Infektionen nicht unter diese Schwelle sinke, könne es eine leichte Öffnung geben. So könnte es bei den Kontaktbeschränkungen eine Erleichterung geben, indem sich wieder zwei Haushalte treffen können. Eine Wiedereröffnung von Geschäften sei aber nur möglich, wenn die 7-Tage-Inzidenz stabil unter 35 liege. Zudem hatte er davor gewarnt, zu schnell und zu breit zu öffnen, weil dies zu Rückschlägen führen könne. Auch hatte er den Fokus auf die Inzidenzzahl verteidigt: «Die Inzidenz ist die einzige handfeste Zahl, die wir haben.» Mit dem neuen Papier fährt Kretschmann insofern einen neuen Kurs.

Ein Sprecher von Ministerin Susanne Eisenmann erklärte dazu: «Wir sind erleichtert, dass der Ministerpräsident seine zunächst ablehnende Haltung nun aufgegeben hat und den vorgeschlagenen Strategiewechsel von Ministerin Eisenmann auf Bund-Länder-Ebene einbringt.» Eisenmann hatte bereits Ende Januar darauf gedrungen, die Schnelltests deutlich auszuweiten, um so die Pandemie besser in den Griff zu bekommen und Lockerungen absichern zu können. Kretschmann und Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) hatten aber immer wieder darauf verwiesen, dass man die Pandemie nicht wegtesten könne.

Das Staatsministerium dämpfte am Donnerstag aber auch Hoffnungen auf weitgehendere Öffnungen: «Trotz der Möglichkeit, durch Schnelltests das Risiko zu minimieren, können nicht alle Restriktionen aufgehoben werden. Denn nicht alle Bereiche sind gleich gut geeignet, um durch Schnelltests Öffnungen zu ermöglichen.» Es dürfe nicht passieren, dass durch die Tests Warteschlangen und dichtes Gedränge entstehe. Das Staatsministerium mahnte zudem: «Die Schnelltests ersetzen nicht die nötigen Hygiene-Maßnahmen, sie ergänzen sie.»

 

 

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