Corona in Baden-Württemberg
Wettlauf der Weltretter: Wann kommt der Corona-Impfstoff?

Corona in Baden-Württemberg Wettlauf der Weltretter: Wann kommt der Corona-Impfstoff?

Quelle: Christoph Schmidt

Die Infektionszahlen galoppieren, die Spielräume der Politik zur Eindämmung der Pandemie werden immer kleiner. Es bleibt die Hoffnung auf einen Impfstoff. Aber andere Firmen könnten eher auf dem Markt sein als die Hoffnung aus Baden-Württemberg.

Auch wenn sich Menschen weltweit nach Normalität und einem Ende der Pandemie sehnen – der Vorstandschef des Tübinger Biopharmaunternehmens Curevac, Franz-Werner Haas, mahnt, dass ein Impfstoff gegen das Coronavirus vor allem wirksam, verträglich und sicher sein muss. Er rechne nicht damit, dass der Impfstoff seiner Firma noch dieses Jahr auf dem Markt komme. «Glaube ich nicht», sagte er zu der Frage am Freitag in Stuttgart. Vielleicht gehe es auch schneller, aber er wolle da keine Versprechungen machen. «Das wäre einfach unlauter». Haas setzt auf das erste Halbjahr 2021.

Das globale Rennen um einen Corona-Impfstoff geht in eine heiße Phase. Curevac ist bei der Suche nach einem Impfstoff gegen Sars-CoV-2 einer von mehreren Hoffnungsträgern weltweit. Während die Firmen Biontech/Pfizer und Moderna ihre Impfstoffe schon in Phase 3 testen, ist der Impfstoff des Tübinger Biotech-Herstellers noch nicht ganz so weit und wird noch in Phase 2 untersucht.

Der Zeitplan bei Curevac hänge unter anderem von der Rekrutierung der 30 000 Probanden für die nächste klinische Studie ab, sagte Haas. Es brauche eine weltweit breite Immunisierung – er sei zuversichtlich, dass Curevac einen Platz finden werde, auch wenn der Impfstoff aus Tübingen mit wenigen Monaten Versatz komme, sagte Haas mit Blick auf Mitbewerber. Es gehe erstmal darum, den Wettlauf mit der Zeit zu gewinnen, um überhaupt einen Impfstoff zu haben.

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums hatte am Freitag erklärt, dass man weiter davon ausgehe, dass Anfang 2021 ein Impfstoff zur Verfügung stehen könnte. Der «Spiegel» zitiert Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in seiner neuen Ausgabe mit den Worten, es könne Januar sein, vielleicht auch Februar oder März – oder sogar noch später.

«Bild» hatte zuvor unter Berufung auf Teilnehmer einer Videoschaltkonferenz der Gesundheitsminister der Länder mit Spahn Anfang der Woche berichtet, dass Impfungen schon früher möglich sein könnten. Spahn habe dort erklärt, Biontech stehe dicht vor der Zulassung eines Impfstoffs. Auf Nachfragen, wann er mit ersten Impfungen rechne, habe Spahn gesagt, «Das könnte noch vor Ende des Jahres passieren.»

Curevac-Chef Haas sagte am Freitag, es sei gut, wenn Biontech und andere Firmen sehr schnell Impfstoffe auf den Markt bringen könnten. Er sei aber zuversichtlich, dass auch Curevac einen guten Wirkstoff auf den Markt bringen könne. Er bescheinigte seinem Impfstoff nach bisherigen Tests eine gute Verträglichkeit. 250 Probanden aus der ersten Phase der Prüfung des Impfstoffs hätten ihn sehr gut vertragen, sagte Haas. Mittlerweile läuft die zweite Studie zur Prüfung des Impfstoffkandidaten – in Peru und Panama mit 690 gesunden Teilnehmern. Daten aus der ersten Phase sollen in wenigen Tagen bekanntgegeben werden. Dann beginne die globale klinische Studie mit bis zu 30 000 Teilnehmern.

Curevac meldete am Freitag auch positive Ergebnisse aus Studien mit Mäusen und Hamstern. Die Verabreichung des Impfstoffs an Hamster zeige eine sehr gute Verringerung der Virenlast in den oberen Atemwegen und einen vollständigen Schutz der Lunge.

Curevac wurde im Jahr 2000 aus der Universität Tübingen heraus gegründet und beschäftigt 500 Mitarbeiter. Das Unternehmen hatte nach der Mainzer Firma Biontec als zweites deutsches Unternehmen die Genehmigung für eine klinische Studie bekommen. Der Impfstoff basiert auf dem Botenmolekül mRNA und regt im Körper die Bildung eines Virus-Eiweißes an. Dies löst eine Immunreaktion aus, die den Menschen vor dem Virus schützen soll. Die Impfstoff-Studie war Mitte Juni angelaufen.

Der Corona-Impfstoff von Curevac soll in kleineren Dosen als bei Konkurrenten verabreicht werden – damit könnte die Firma bei gleichen Produktionsmengen mehr Menschen versorgen. Obwohl sich die Tübinger Firma noch in der Testphase befindet, produziert sie bereits permanent den Stoff. Bis Ende 2021 wolle man mehrere Millionen Dosen zur Verfügung haben, sagte Haas am Freitag.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte bei der Pressekonferenz mit Haas, die Regierung sei vorbereitet auf die Anwendung eines Impfstoffes zum Ende des Jahres. Der Grünen-Politiker betrachtet die grassierende Pandemie auch als Chance für die Modernisierung des Gesundheitssystems. Es könne ein «Kollateralnutzen» sein, dass die Gesundheitswirtschaft stärker in den Mittelpunkt gerückt sei. «Die Pandemie wirkt wie ein Katalysator bei der Transformation des Gesundheitswesens», sagte Kretschmann. «Unser Gesundheitssystem wird nicht nur aufs Äußerste gefordert, es kann auch von der ungeheuren Energie profitieren, die derzeit in dieses System fließt.»

Mehr zum Thema

Corona-Quarantäne: Land muss Verdienstausfall für Ungeimpfte zahlen

Das Land Baden-Württemberg muss zwei Ungeimpften den durch eine Corona-Quarantäne entstandenen Verdienstausfall bezahlen.

Corona-Zahlen in Karlsruhe steigen: Oberbürgermeister Mentrup mit Appell

Das Karlsruher Abwassermonitoring zeigt eine nach oben gehende Corona-Virenlast, weshalb steigende Infektionszahlen in den nächsten Wochen erwartet werden. Aus diesem Grund appelliert Karlsruhes Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup zur Vernunft und Vorsicht.

Nach Vorfall in Karlsruhe: Masken in Schulen untersagt - Ausnahme Gesundheitsschutz

Das Kultusministerium in Baden-Württemberg hat darauf hingewiesen, dass an öffentlichen Schulen zwar grundsätzlich untersagt ist, das Gesicht zu verhüllen - in Zeiten zahlreicher Atemwegserkrankungen und Covid-Infektionen der individuelle Gesundheitsschutz aber Vorrang hat.

Land gibt deutlich weniger im Kampf gegen Corona aus

Baden-Württemberg hat für die Überwindung der Coronakrise deutlich weniger ausgegeben als angenommen. Der Betrag werde wohl um die 10,3 Milliarden Euro liegen, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums am Donnerstag.

Projekt zu Long Covid bei Kindern und Jugendlichen an Universitätskinderkliniken

Im Oktober startet ein Modellprojekt der Universitätskinderkliniken in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm, das die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Long Covid verbessern soll.




 

Logo meinKA

 

Anzeige

Jetzt meinKA als Werbe-Plattform nutzen!

Informieren Sie sich über Daten, Zahlen und Fakten rund um meinKA und die entsprechenden Werbeformen in unseren Mediadaten: jetzt Mediadaten anfordern.

Wir freuen uns über Ihr Interesse und beraten Sie gerne!

 


 




Auch interessant


Falls Ihnen inhaltliche Fehler oder Fehlfunktionen auffallen, einfach bei redaktion@meinka.de melden.