Corona in Baden-Württemberg
Impfpflicht für Pflegekräfte und an Schulen gefordert

Corona in Baden-Württemberg Impfpflicht für Pflegekräfte und an Schulen gefordert

Quelle: Klaus-Dietmar Gabbert

Die Zahlen steigen zu schnell, auch in den Heimen. Deshalb fordert Baden-Württemberg jetzt eine verpflichtende Corona-Impfung in sensiblen Berufen, in der Pflege zum Beispiel oder in Schulen. Die Empörung lässt nicht auf sich warten.

Angesichts der riskanten Lage in den Krankenhäusern und der schleppenden Corona-Impfrate fordert Baden-Württemberg eine Impfpflicht für Beschäftigte zum Beispiel in Alten- und Pflegeheimen. «Wir haben immer gesagt – je nach Entwicklung der Pandemie muss man bei bestimmten Berufsgruppen darüber nachdenken», sagte eine Sprecherin des Staatsministeriums am Donnerstag in Stuttgart. Trotz hoher Impfquote bei den Gesundheitsberufen gebe es zunehmend Fälle von Impfdurchbrüchen in Heimen. «Und weil wir hier von einem hoch sensiblen Bereich und einer sehr vulnerablen Gruppe sprechen, müssen wir alles dafür tun, diese Menschen zu schützen», sagte die Sprecherin. «Deshalb halten wir eine Impfpflicht in diesem Bereich für sinnvoll und verantwortbar.»

Allerdings liegt die Einführung einer solchen Pflicht nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Händen des Bundes. Die Länder können darüber nicht selbst entscheiden.

Zum Auftakt des Treffens der Gesundheitsminister in Lindau am Bodensee hatte bereits der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) eine entsprechende Impfpflicht gefordert. «Nachdem wir lange auf Appelle und die Einsicht der Menschen gesetzt haben, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, eine Impfpflicht für Beschäftigte in sensiblen Bereichen wie dem Gesundheits- oder dem Erziehungs- und Bildungswesen zu fordern», hatte der Grünen-Minister der Deutschen Presse-Agentur gesagt.

Es dürfe nicht dieselben Szenarien wie im vergangenen Jahr geben, forderte Lucha. Damals seien viele alte Menschen an einer Corona-Infektion gestorben, weil das Virus von außen in die Einrichtungen getragen worden sei. Es gebe zwar bereits eine Testpflicht für Beschäftigte. «Trotzdem werden Infektionen in die Heime getragen. Testen löst unser Problem nicht. Wir müssen jetzt eine Schippe drauf legen.»

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern stecken bei ihren Beratungen am Bodensee den Corona-Kurs für den Winter ab. Diskutiert werden soll bis Freitag unter anderem, wie mehr Menschen zu Auffrischungsimpfungen bewegt werden können. Auch eine Testpflicht in Pflegeheimen ist Thema.

Genau das fordert auch der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Luchas Vorschlag lehnte er am Donnerstag deutlich ab: «Damit treibt er die Polarisierung auf die Spitze», warf ihm Brysch vor. «Das wird in der Praxis überhaupt nichts bringen.» Auch Geimpfte könnten das Virus in die Heime tragen. «Tägliche Tests sind mindestens so sicher wie eine Impfung», sagte Brysch der dpa. Auch die Diakonie Württemberg hält noch nichts von einer vorgeschriebenen Impfung für Beschäftigte. «Wir bleiben dabei, dass wir neben der Aufklärung und Information eine Testpflicht bevorzugen», sagte eine Sprecherin.

Florian Wahl, der gesundheitspolitische Sprecher der
SPD-Landtagsfraktion, kritisierte das Vorgehen des Ministers: «Lucha sollte nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen», sagte Wahl. Er schlägt unter anderem die Verpflichtung zu einem Beratungsgespräch durch den öffentlichen Gesundheitsdienst vor. «Das kann viel bewirken, denn viele der Impfunwilligen haben sich über die Impfung noch nie aus seriösen Quellen informiert.» Für die FDP-Fraktion forderte deren Gesundheitsexperte Jochen Haußmann gepoolte PCR-Tests, mit denen Personal in Einrichtungen mit vulnerablen Personal auf eine ansteckende Virenlast überprüft werden könnten.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält eine Impfpflicht nach Luchas Vorschlag derzeit ebenfalls nicht für notwendig. «Jetzt ist es am wichtigsten, dass die Politik nicht wochenlang über das Thema Impfpflicht diskutiert, sondern ihre Hausaufgaben erledigt», sagte die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein. Landesregierung und Schulträger könnten zum Beispiel für mehr Luftreinigungsgeräte sorgen und mit mehr Engagement für das Impfen werben.

Stein warb auch für freiwillige Impfangebote an weiterführenden und Beruflichen Schulen. «Ich weiß aus Klassen an Berufsschulen, in denen erst die Hälfte der Schülerinnen und Schüler geimpft ist», sagte sie der dpa. «Warum steht nicht vor jeder Beruflichen Schule ein Impfmobil? Die Landesregierung und die Schulträger können hier noch mehr tun.»

Vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) erhält Lucha ebenfalls keine Rückendeckung. Der Verband habe den Lehrerinnen und Lehrern stets empfohlen, sich impfen zu lassen, eine Pflicht dazu aber abgelehnt, sagte der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand auf Anfrage. Eine Impfpflicht sei mit Blick auf die außerordentlich hohe Impfbereitschaft der Lehrkräfte auch völlig unnötig. Brand verwies auf das aktuellem Schulbarometer, nach dem bereits im September 95 Prozent der Lehrkräfte geimpft waren. «Wer weiterhin eine Impfpflicht für Lehrkräfte fordert, trägt Eulen nach Athen uns setzt die falschen Prioritäten», sagte Brand.

 

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