Landratsamt und Postscheckareal Neugestaltung Ettlinger-Tor-Areal: „Torhäuser“ oder „Floating Garden?“
Landratsamt, Postscheck- und Ettlinger-Tor-Areal – wie kann dieser Bereich in der Fächerstadt neugestaltet werden? In einem Werkstattverfahren mit vier Architektenbüros wurde seit Januar auf Ideen-Suche gegangen – inzwischen stehen zwei Favoriten fest.
Rückblick: Aufgabenstellung – danach wurde gesucht
Das Areal rund um die Südwestseite des Ettlinger Tor soll moderner werden – insbesondere das Gebäude des Landratsamtes aber auch das ehemalige Postscheckensemble sind nicht mehr zeitgemäß. Aus diesen Gründen wurde bereits im Januar 2020 ein aufwendiges städtebauliches Werkstattverfahren mit den vier Architektenbüros berchtoldkrass space&options, COBE Berlin, Max Dudler Architekten AG und MVRD gestartet.
Die Aufgabenstellung an die Architektenbüros zielte darauf ab, „starke, dem Ort angemessene und überzeugende städtebauliche Gesamtideen“ zu entwickelt. Dabei sollten für das Kernareal (Kriegsstraße/Ettlinger Straße/Hermann-Billing-Straße/Badenwerkstraße) Entwicklungsideen präsentiert werden, die in einen Bebauungsplan sowie später in konkrete Bauvorhaben überführt werden können.
Zusätzlich sollten die oben genannten Grundstücksflächen in eine Wechselbeziehung zu den umgebenden öffentlichen Räumen einbettet und die Verflechtungen mit diesen Räumen (Nymphengarten/Hermann-Levi-Platz (Theaterplatz)/Festplatz etc.) Teil der Lösungsansätze werden. Aber auch die Verbindung der künftigen Funktionen beziehungsweise Nutzungen des Kernareals zur umgebenden Innenstadt sollten untersucht werden. Genauso musste auf qualitätssichernde Rahmenbedingungen und den baukulturellen Mehrwert sowie darauf welche Dichte und Höhe diesem zentralen Ort angemessen ist, geachtet werden.
Favoriten im Überblick – diese beiden Ideen überzeugten
Drei Runden drehten die Planungsbüros seit Mitte Januar und feilten dabei stets an ihren Entwürfen. Am vierten und letzten Termin am Freitag, den 03. Juli 2020, haben alle vier Teams ihre finalen Konzepte dem Begleitgremium präsentiert.
Dabei wurde festgestellt, dass sich die Beiträge bei aller Verschiedenheit in den Details in zwei Gruppen mit verwandten Grundhaltungen gliedern lassen – daher wurden sowohl die Max Dudler Architekten AG als auch MVRDV zu den Favoriten des Werkstattverfahrens ausgewählt.
Die Gemeinsamtkeiten der Favoriten
Die Gemeinsamkeiten der Büros liegen im Bau einer „charakteristische Fächerstadt auch südlich des künftigen Stadtboulevards Kriegsstraße als ‚intime Stadt‘ mit erlebbarer Dichte, Blockrandstrukturen und differenzierten öffentlichen Räumen und Wegebeziehungen weiter fassen“. Zudem werden der Ettlinger Tor-Platz mit Hochbauten als Tor beziehungsweise Gelenk in den Mittelpunkt gestellt und damit die „Via triumphalis“ verlängert.
Das Landratsamt wird, bei den Plänen von MVRDV und auch bei Max Dudler, auf seinem bisherigen Areal belassen – sowohl bei einem Neubau als auch einer Sanierung des Bestandsgebäudes. Die Hochpunkte legen die Büros vom Ettlinger-Tor-Platz zurück und damit außerhalb der Blickachsen der Weinbrenner-Türme. Des Weiteren werden konkrete bauliche Aussagen auch zum Theaterplatz und zum Areal des ehemaligen Postscheckamts getroffen.
Die Unterschiede der beiden Favoriten
Bei allen vier Architektenbüros waren die landschaftsplanerischen und klimatologischen Aspekte wichtig. Als „mutig“ wurde allerdings der Vorschlag von MVRDV bezeichnet. Das Team präsentierte ein Alleinstellungsmerkmal in Form eines „Floating Gardens“ – eine Art schwebende „Schüssel“ über dem Kreuzungsbereich. „Unterhalb des Floating Gardens gibt es Platz für ein öffentliches Stadtforum und/oder ein Hotel. Die Fassade der Unterseite des Floating Gardens besteht aus Spiegelpaneelen, die die Stadt von überall herreflektieren“, so das Architektenbüro.
Ebenfalls grün aber weniger spektakulär sind die sogenannten „Torhäuser“ des Büros Max Dudler, in Form von zwei Gebäuden mit begrünten Fassaden. Die beiden rund 21 Meter hohen Gebäude sollen als städtebauliches Gelenk zwischen Altstadt und Neustadt fungieren. „Beide Gebäude sind asymmetrisch und zueinander versetzt angeordnet, um so einerseits die klassizistische Ordnung aufzubrechen und andererseits die pavillonartige Stellung der Gebäude im parkähnlich angelegten Band zwischen Landratsamt und Staatstheater zu betonen“, erklärte das Team von Max Dudler.
Wann wird gebaut?: Der Zeitplan – so geht es weiter
Was nun folgen soll ist ein städtebauliches Prinzip zur weiteren Bearbeitung (Bebauungsplan, Hochbauwettbewerbe). Eine Entscheidung welche der beiden Ideen verfolgt wird, soll bis Ende 2020 in einer Grundsatzdebatte entschieden sein, so Baubürgermeister Daniel Fluhrer: „Wir müssen das in Ruhe durchdenken, um eine Grundsatzrichtung zu ermitteln.“ Einen konkreten Bebauungsplan hätte der Baubürgermeister allerdings gerne vor 2025 beschlossen.
Für weitere Planungsschritte oder Wettbewerben ist nun zwingend die Entscheidung des Petitionsausschusses des Landes über das denkmalgeschützte Landratsamt notwendig. Denn auch wenn die Architektenbüros ihre Ideen immer mit zwei Varianten entworfen haben, so ist bislang nicht geklärt, ob das Gebäude abgerissen werden kann oder weiter bestehen bleiben muss. Landrat Dr. Christoph Schnaudigel rechnet allerdings mit einer zeitnahen Entscheidung „noch vor oder nach der Sommerpause aber in jeden Fall noch 2020“. Würde sich für einen Neubau entschieden, so wäre dieser, laut Landrat Dr. Christoph Schnaudigel, vor dem Abriss in Teilschritten möglich: „Wir würden keine Interimslösung benötigen“.