Corona in Baden-Württemberg
Corona-Lockdown: Schulpsychologen für frühe Schulöffnung

Corona in Baden-Württemberg Corona-Lockdown: Schulpsychologen für frühe Schulöffnung

Quelle: Matthias Balk

Kinder hängen den ganzen Tag rum, tauchen in virtuelle Welten ab oder hocken vor dem Fernseher: Schule scheint im Lockdown weit weg. Wenn der Unterricht dann wieder startet, kostet das viele Schüler Überwindung. Schulpsychologen sehen gar einen Trend Verweigerung.

Die Schulpsychologen dringen mit Blick auf die wachsende Zahl von Schulverweigerern auf eine rasche Öffnung der Schulen nach dem Lockdown. «Wir haben schon nach dem ersten Shutdown eine dramatische Zunahme der Fälle von Schulverweigerung bemerkt», sagte die Vorsitzende des Verbandes der Schulpsychologinnen und Schulpsychologen Baden-Württemberg (LSBW), Nina Großmann. Schüler aller Altersgruppen gewöhnten sich zu Hause an das Nichtstun, vernachlässigten ihre Aufgaben und fühlten sich bei der Rückkehr auf die Schulbank überfordert. Auch während des Lockdowns stünden die Telefone nicht still, sagte Großmann der Deutschen Presse-Agentur.

Ein Viertel der Fälle in den 28 Beratungsstellen im Land sei derzeit auf dieses Phänomens zurückzuführen, erläuterte die Diplom-Psychologin aus Gerlingen bei Stuttgart. Vor der Corona-Krise lag dieser Anteil bei etwa fünf Prozent. «Den Kurs von Ministerin Eisenmann, die Schüler schnell wieder an die Schulen zu holen, finde ich absolut richtig und mutig.»

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will Grundschulen auf jeden Fall schon ab dem 11. Januar wieder öffnen und hat sich für diesen Vorstoß massive Kritik eingehandelt. Großmann hingegen befürwortet den Plan. Gerade bei Grundschülern seien deutliche Leistungsdefizite und Wissenslücken zu beobachten.

Die Probleme der Kinder und Jugendlichen – zu zwei Dritteln männlichen Geschlechts – äußerten sich auch körperlich mit Bauch- und Kopfschmerzen sowie Erbrechen. In einem Fall hätten massive Versagensängste eines Mittelstufenschülers zum Suizid geführt. Die Hauptmotivation der Schüler zum Lernen seien die sozialen Beziehungen – sei es zu den Mitschülern, sei es zum Lehrer.

«Das ureigene Interesse an den Inhalten steht nicht im Vordergrund», betonte Großmann, die eine Beratungsstelle in Ludwigsburg leitet. Angesichts von Wartezeiten bei den Beratungsstellen von zwei bis drei Wochen halten sich die Schulpsychologen Extra-Termine für Schulverweigerer frei. Großmann: «Da kommt es auf jeden Tag an.»

Der Verband mit seinen 200 Mitgliedern fordert Entlastung von Verwaltungsaufgaben wie Telefonate annehmen, Termine vergeben, Akten führen und Statistiken anlegen. Auf die 28 Beratungseinheiten entfielen 18 ganze oder Teilzeit-Verwaltungsstellen. «Wir wollen und müssen uns auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren», betonte Großmann. Deshalb müsse die Anzahl der Verwaltungsstellen mindestens verdoppelt werden.

Von den landesweit 200 Stellen für Schulpsychologie seien nur rund 160 besetzt. Dabei fehle es nicht an geeigneten Kräften auf dem Arbeitsmarkt. «Vielmehr kommt das für die Ausschreibung von Stellen zuständige Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung wegen Personalengpässen auf der Führungsebene damit nicht nach.»

Die Schulpsychologen beraten nicht nur Eltern und Schüler, sondern auch Lehrer. «Es kommen mehr Lehrkräfte, die sich wegen der Corona-Situation mit den neuen Unterrichtsformen und dem Wechsel von Präsenz und Fernunterricht überfordert fühlen», sagte Großmann. «Das geht bis hin zum Burnout.»

 

Mehr zum Thema

Corona-Quarantäne: Land muss Verdienstausfall für Ungeimpfte zahlen

Das Land Baden-Württemberg muss zwei Ungeimpften den durch eine Corona-Quarantäne entstandenen Verdienstausfall bezahlen.

Corona-Zahlen in Karlsruhe steigen: Oberbürgermeister Mentrup mit Appell

Das Karlsruher Abwassermonitoring zeigt eine nach oben gehende Corona-Virenlast, weshalb steigende Infektionszahlen in den nächsten Wochen erwartet werden. Aus diesem Grund appelliert Karlsruhes Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup zur Vernunft und Vorsicht.

Nach Vorfall in Karlsruhe: Masken in Schulen untersagt - Ausnahme Gesundheitsschutz

Das Kultusministerium in Baden-Württemberg hat darauf hingewiesen, dass an öffentlichen Schulen zwar grundsätzlich untersagt ist, das Gesicht zu verhüllen - in Zeiten zahlreicher Atemwegserkrankungen und Covid-Infektionen der individuelle Gesundheitsschutz aber Vorrang hat.

Land gibt deutlich weniger im Kampf gegen Corona aus

Baden-Württemberg hat für die Überwindung der Coronakrise deutlich weniger ausgegeben als angenommen. Der Betrag werde wohl um die 10,3 Milliarden Euro liegen, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums am Donnerstag.

Projekt zu Long Covid bei Kindern und Jugendlichen an Universitätskinderkliniken

Im Oktober startet ein Modellprojekt der Universitätskinderkliniken in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm, das die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Long Covid verbessern soll.




 

Logo meinKA

 

Anzeige

Jetzt meinKA als Werbe-Plattform nutzen!

Informieren Sie sich über Daten, Zahlen und Fakten rund um meinKA und die entsprechenden Werbeformen in unseren Mediadaten: jetzt Mediadaten anfordern.

Wir freuen uns über Ihr Interesse und beraten Sie gerne!

 


 
















Auch interessant


Falls Ihnen inhaltliche Fehler oder Fehlfunktionen auffallen, einfach bei redaktion@meinka.de melden.