Corona in Baden-Württemberg
Wieder mehr Geld in der Staatskasse: Rufe nach Investitionen

Corona in Baden-Württemberg Wieder mehr Geld in der Staatskasse: Rufe nach Investitionen

Quelle: Marijan Murat

Keine Woche im Amt, darf der neuen Finanzminister Bayaz eine frohe Botschaft verkünden: Die Steuereinnahmen beginnen wieder zu sprudeln, ganz zart zumindest. Schon warnen Verbände vor einer zu strikten Sparpolitik.

Die Corona-Krise hat ein gewaltiges Loch in die Staatskassen gerissen – aber allmählich steigen die Steuereinnahmen im Land wieder auf das Vorkrisenniveau. Nach Angaben der Steuerschätzer fließen in diesem Jahr 657 Millionen Euro mehr Einnahmen in den Staatssäckel als im laufenden Landeshaushalt veranschlagt. Das teilte das Finanzministerium am Montag in Stuttgart mit. Für 2022 ergibt sich ein Plus von 466 Millionen Euro im Vergleich zur sogenannten mittelfristigen Finanzplanung. Verbände und Opposition warnen daher vor einer zu strengen Haushaltspolitik – und fordern mehr Investitionen von Grün-Schwarz.

Der neue Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) äußert sich optimistisch zur neuen Schätzung. «Gerade als Industrieland hat die Pandemie uns in Baden-Württemberg im Kern hart getroffen. Die größten Einbrüche haben wir nun hinter uns. Die umfangreichen staatlichen Hilfen von Bund und Ländern wirken, beim Impfen machen wir gute Fortschritte, in der Wirtschaft geht es aufwärts», teilt er mit. «Die Steuereinnahmen ziehen jetzt langsam nach.» Die Zeichen stünden gut, dass sich dieser Trend fortsetze. «Das ist umso wichtiger, da wir mit der Gestaltung von Klimaschutz, der Digitalisierung und unserer Bildungslandschaft wichtige Zukunftsaufgaben vor uns haben.»

Die Steuerschätzer kommen in der Regel zweimal im Jahr zusammen, im Frühjahr und Herbst. Vergangenen Mittwoch wurde die Schätzung für den Bund veröffentlicht, nun wurde das Ergebnis für Baden-Württemberg heruntergerechnet. Die Frühjahrs-Steuerschätzung für das Land war mit Spannung erwartet worden – nicht nur wegen der Ausnahmesituation aufgrund der Corona-Pandemie, sondern auch weil alle Vorhaben im Koalitionsvertrag der neuen grün-schwarzen Landesregierung unter einem Finanzierungsvorbehalt stehen. Die magere Kassenlage birgt viel Zündstoff für Grüne und CDU. Die neue Landesregierung muss genau abwägen, welche Projekte sich finanzieren lassen oder verschoben werden müssen.

Für 2021 rechnen die Steuerschätzer aktuell mit Netto-Steuereinnahmen von 30,74 Milliarden Euro. Im aktuellen Haushalt sind noch 30,08 Milliarden Euro für das laufende Jahr veranschlagt. Damit könnten die Einnahmen in diesem Jahr leicht über dem Niveau vor der Krise liegen: 2019 betrugen die Netto-Steuereinnahmen Baden-Württembergs rund 30,47 Milliarden Euro.

Für 2022 geht die mittelfristige Finanzplanung 2020 bis 2024 von Steuereinnahmen in Höhe von 30,99 Milliarden Euro aus, die Frühjahrs-Steuerschätzung liegt nun aber bei 31,46 Milliarden Euro (plus 466 Millionen Euro). 2023 erwarten die Steuerschätzer Einnahmen in Höhe von 32,39 Milliarden Euro – ein Plus von 482 Millionen Euro im Vergleich zur bisherigen Schätzung.

Aber so rosig ist die Lage dann doch nicht – vor der Krise dachte man nämlich, dass man heute deutlich mehr einnehmen würde: 2019 ging man etwa für das laufende Jahr von Netto-Steuereinnahmen von 32,23 Milliarden Euro aus – 1,5 Milliarden Euro mehr als aktuell geschätzt wird. Für Euphorie sei es noch viel zu früh, warnt denn auch Bayaz.

Trotzdem mehren sich angesichts der etwas optimistischeren Kassenlage bereits wieder die Rufe nach Investitionen aus verschiedensten Richtungen – und die Kritik am Finanzierungsvorbehalt aller grün-schwarzen Projekte.

«Die Landesregierung dürfe keine «Generalkassenschließung» verordnen, warnt etwa der Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstags, Rainer Reichhold. Sparen sei nur eine Seite der «Medaille klugen Wirtschaftens». «Auch Investieren ist notwendig – beim Klimaschutz, bei der Digitalisierung oder in gezielte Unterstützungsmaßnahmen für eine Wirtschaft in Transformation.»

Die Zukunftsgestaltung des Landes dürfe nicht sklavisch von der Kassenlage abhängig gemacht werden, teilen die Unternehmer Baden-Württemberg (UBW) mit. Grün-Schwarz müsse für Beschäftigungssicherung, Digitalisierung, Bildungsgerechtigkeit und Klimaschutz ausreichend Geld in die Hand nehmen, fordert Martin Kunzmann, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds Baden-Württemberg. «Jeder Euro, der jetzt investiert wird, zahlt sich langfristig aus.»

Der Bund der Steuerzahler sieht hingegen keine großen Spielräume für die Landesregierung – und pocht auf strenge Haushaltsdisziplin. «Teure Sprünge sind da nicht drin», sagt der Landesvorsitzende Zenon Bilaniuk. Auch die FDP ruft zur Sparsamkeit auf. Es gebe nun es keine Ausrede mehr für Grüne und CDU, an der Schuldenbremse herumzudoktern. «Die CDU hat ja offenbar plötzlich ihre Liebe zur Schuldenbremse entdeckt. Diese kann sie nun unter Beweis stellen», erklärt der finanzpolitische Sprecher der FDP/DVP Fraktion, Stephen Brauer.

«Für uns Grüne stehen Investitionen in den Klimaschutz ganz oben auf der Agenda – ob Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs, der Ladeinfrastruktur oder Sanierung von Landesgebäuden», sagt der Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. «So haben wir das in den Sondierungsgesprächen verankert und mit der CDU vereinbart.»

Wenn man die Neuverschuldung des Landes und die Deckungslücken im Haushalt für die kommenden Jahre berücksichtige, bleibe die Lage sehr angespannt, mahnt der neue CDU-Fraktionschef Manuel Hagel. «Es zeigt sich, dass wir gut beraten waren, im Koalitionsvertrag keine ungedeckten Versprechungen zu machen.»

Finanzminister Bayaz nennt das Sofortprogramm zur Abmilderung der Corona-Folgen, das ganz oben auf der Agenda stehe. «Wir werden uns in der Landesregierung sehr genau beraten, wie wir mit den Ergebnissen der Steuerschätzung umgehen.»

 

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