Billigere Jahreskarte als Umstiegs-Argument?
365 Euro für die Jahreskarte: Folgt Karlsruhe dem Wiener Vorbild?

Billigere Jahreskarte als Umstiegs-Argument? 365 Euro für die Jahreskarte: Folgt Karlsruhe dem Wiener Vorbild?

Quelle: Thomas Riedel

Für einen Euro pro Tag das dichte Netz an Bussen und Bahnen nutzen – in Wien ist das seit geraumer Zeit Realität. Nun kommt das Thema 365 Euro ÖPNV Jahreskarte auch im Karlsruher Gemeinderat zur Sprache – wenn auch nur als Anfrage.

Preis für Jahreskarte auf 365 Euro halbieren?

Wer seit der letzten Tarif-Anpassung im Dezember 2019 eine Jahreskarte für das Stadtgebiet Karlsruhe kauft, der muss 684 Euro auf den Tisch legen – also umgerechnet knapp 1,90 Euro pro Tag. Wenn es nach der Freien Wähler/Für Karlsruhe-Fraktion im Karlsruher Gemeinderat geht, dann wäre eine Halbierung dieser Summe eine gute Idee, um die Attraktivität des ÖPNV zu steigern.

Dass die Idee nicht ganz an den Haaren herbeigezogen ist, zeigt ein Blick ins benachbarte Österreich: Hier ist ein 365-Euro-Jahresticket bereits Realität – und wird gut angenommen. Ziel ist es auch hier, die Menschen zum Umsteigen vom Auto in die Busse und Bahnen zu bewegen. Der Plan geht auf: Seit Einführung des 365-Euro-Tickets sind die Fahrgastzahlen von Jahr zu Jahr gestiegen. Über 800.000 dieser Jahreskarten werden abgesetzt. Doch das Angebot hat seinen Preis: Wien muss jährlich rund 500 Millionen Euro zuschießen!

Auch wenn auch die FW/FÜR-Fraktion betont, die Einnahmen- und Ausgabeseite müsse betrachtet werden, sehen sie in einem solchen Angebot dennoch eine klare Attraktivitätssteigerung. Neben dem Preis seien aber auch Qualität, Zuverlässigkeit und Kundenfreundlichkeit entscheidende Faktoren.

 

Fahrkarte für 365 Euro sorgt für weniger Einnahmen

Wie die Stadtverwaltung in ihrer Stellungnahme berichtet, sei die Ausgabenseite bereits 2018 beleuchtet worden. So rechnet man durch die Einführung eines 365-Euro-Tickets beim Karlsruher Verkehrsverbund mit einem Einnahmeausfall in Höhe von rund 26 Millionen Euro. Gleichzeitig würde die Nachfrage allerdings nur um rund 1,6 Prozent ansteigen, so das Ergebnis der Untersuchung, die von einer externen Firma durchgeführt wurde. „Insgesamt
steht die Verwaltung der Einführung eines 365-Euro-Tickets kritisch gegenüber, da dieses hohe Kosten verursacht, jedoch nur geringe Nachfragesteigerungen erbringt“, heißt es daher in der Stellungnahme weiter. Man wolle daher eher den Weg einer Angebotsverbesserung verfolgen, als über eine Tarifabsenkung.

Jährlich nimmt der KVV rund 146 Millionen Euro an Fahrgeldeinnahmen ein. Rund 166 Millionen Fahrgäste werden dabei pro Jahr bewegt. Doch der Nahverkehr ist ein Verlustgeschäft – das ist nicht nur in Karlsruhe so. Vielerorts decken die Einnahmen aus den Fahrkarten-Verkäufen nicht den Betrieb der Busse und Bahnen. So haben die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) 2018 beispielsweise in Summe einen Verlust von 38,7 Millionen Euro eingefahren. Das Minus muss also ohnehin schon durch die Stadt ausgeglichen werden.

 

Ticket kommt wenn überhaupt erst in weiter Zukunft

Ist das Thema der Vergünstigungen im Nahverkehr damit vom Tisch? Immerhin waren zuletzt das Experiment mit dem kostenlosen Nahverkehr an den Adventssamstagen sehr erfolgreich – das Fazit fiel entsprechend positiv aus. Wohl genau deshalb wird das 365-Euro-Jahresticket noch nicht ganz aufgegeben. So soll nun zunächst eine Diskussion in den fachlich zuständigen Aufsichtsräten geführt werden.

Diese Erkenntnisse sollen in einer Informationsvorlage zusammengefasst werden, über die der Gemeinderat dann in diesem Frühjahr noch diskutieren kann. Anschließend müssen die finanziellen Auswirkungen betrachtet werden. Möglicherweise geht das Thema dann im Sommer oder Herbst 2020 in die Beratungen zum Doppelhaushalt 2021/2022 ein, wo dann die entsprechenden Gelder eingeräumt werden müssten.

Kurzfristig wird also keine Einführung eines solchen Tickets kommen – doch auch in Wien wurde die Umstellung von langer Hand vorbereitet. Unter anderem wurden beispielsweise die Parkgebühren in der Innenstadt erhöht, um die Attraktivität fürs Autofahren zu senken – im Übrigen auch ein Thema, das demnächst im Karlsruher Gemeinderat auf der Tagesordnung stehen soll. Einher gehen wird eine Einführung eines solchen Tickets wohl ohnehin erst mit der Tarif-Reform, an der im Haus des KVV aktuell gearbeitet wird. Und auch diese benötigt noch einige Zeit an Vorbereitung.

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