Corona in Baden-Württemberg
Ebbe im Impfschrank: Kreisimpfzentren müssen neu planen

Corona in Baden-Württemberg Ebbe im Impfschrank: Kreisimpfzentren müssen neu planen

Quelle: Thomas Frey

Es ist alles gerichtet, aber das Wichtigste fehlt: die Debatte um den fehlenden Impfstoff erreicht nun auch die baden-württembergische Region. Dort sind zwar die meisten Kreisimpfzentren startklar. Aber Spritzen können sie trotzdem noch nicht aufziehen.

Die anhaltenden Engpässe bei der Impfstofflieferung bringen den Zeitplan der baden-württembergischen Impfkampagne durcheinander. In den rund 50 Kreisimpfzentren (KIZ) werden die ersten Spritzen deshalb erst ab dem 22. Januar und damit eine Woche später als ursprünglich geplant aufgezogen. «Grund hierfür sind die Impfstofflieferungen durch den Bund», teilte das Gesundheitsministerium am Donnerstag in Stuttgart mit. Das Land hat nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums bisher 175 500 Impfdosen des Mainzer Hersteller Biontech erhalten. Laut Landesgesundheitsministerium wurden diese alle bereits gespritzt oder verplant.

Eine weitere Lieferung mit 82 875 Impfstoffdosen wird für dieses Wochenende erwartet. «Es ist nicht möglich und auch nicht sinnvoll, diesen Impfstoff eine Woche lang bis zum Start der Kreisimpfzentren zu bunkern», sagte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne). «Wir haben immer gesagt: Jede Impfdosis, die hier ankommt, wird auch sofort verimpft.» Es mache daher keinen Sinn, die Infrastruktur in den Kreisimpfzentren hochzufahren, wenn kein Impfstoff zur Verfügung stehe.

Erst am 18. Januar wird es laut Biontech weiteren Impfstoff an den Bund geben, der nach Angaben Luchas anteilig den Kreisimpfzentren zur Verfügung gestellt werden soll. Die Verzögerung um vier Tage bis zum neuen Start der KIZ erkläre sich durch den Ablauf, sagte sein Sprecher. Laut Vertrag lägen die Dosen am 20. in Baden-Württemberg vor, danach würden sie aufgetaut und vorbereitet. «Zur Sicherheit haben wir den 22. genommen, damit es keine Probleme gibt, falls irgendwo eine Verzögerung auftritt», sagte er weiter. Insgesamt soll Baden-Württemberg bis Mitte Februar mehr als 692 000 Dosen erhalten.

In den vergangenen Tagen war breite Kritik an der Strategie der Bundesregierung und auch der Länder für das Beschaffen, Verteilen und Spritzen der Impfdosen laut geworden. Oppositionspolitiker und Landespolitiker hatten Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgeworfen, dass der Impfstart schlecht laufe und er dafür verantwortlich sei.

Eine Entspannung auf kurze Sicht erhofft sich das Gesundheitsministerium auch nicht durch die jüngste EU-Zulassung des Impfstoffes des US-Unternehmens Moderna. «Es ist gut, dass nun ein weiterer Impfstoff zugelassen wurde», sagte der Ministeriumssprecher der Deutschen Presse-Agentur. Dies werde die Situation auf längere Sicht entspannen. «Von heute auf morgen ist jedoch auch durch den Moderna-Impfstoff keine nennenswerte Steigerung der Impfungen im Land möglich, da die Lieferungen nach Baden-Württemberg – wie in allen anderen Bundesländern – wohl weiterhin auf niedrigem Niveau bleiben», sagte er weiter.

In Baden-Württemberg soll es insgesamt 50 KIZ geben, die meisten davon sind bereits startklar. Weitere neun Zentrale Impfzentren (ZIZ) setzen seit Ende Dezember die ersten Spritzen. Während die ZIZ bereits seit Mitte Dezember betriebsbereit sind, sollte es auf Kreisebene eigentlich ab dem 15. Januar 2021 losgehen. Nach den Berechnungen des Ministeriums sind für die Kreisimpfzentren (KIZ) täglich etwa 800 Impfungen geplant. Später im Jahr soll die Impfung auch beim Hausarzt möglich sein.

Und warum gibt es bereits 170 000 Impfdosen und es wurden erst rund 43 000 gespritzt? Laut Ministerium wird etwa die Hälfte der Portionen zurückgehalten für die notwendige zweite Impfung. «Zweitens kommt es letztlich auf die Strategie an», sagte der Ministeriumssprecher. «Ein Bundesland, das zunächst vor allem auf mobile Impfteams in Pflegeheimen setzt, wird am Ende auch eine niedrigere Impfquote haben als ein Land, das am Anfang bereits stark in Zentren impft.» Impfungen durch mobile Teams in Heimen müssten geplant, die Anfahrten organisiert werden.

«Es vermag zwar auf den ersten Blick in der Statistik besser aussehen, schnell zu impfen», sagte der Ministeriumssprecher. Es mache aber am Ende keinen Unterschied, denn der Impfstoff sei überall Mangelware und es könne nur genutzt werden, was geliefert werde.

Die FDP gibt sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden. Lucha habe stets gewusst, wie viel Impfstoff das Land erhalte. «Wenn er nun behauptet, es sei zu wenig geliefert worden, so will er nur von seiner eigenen organisatorischen Überforderung ablenken», sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Er schlug erneut vor, ältere Menschen durch die Krankenkassen einladen zu lassen.

An freiwilligen Helfern für die Kampagne mangelt es dem Land eher nicht: Über 10 000 Menschen haben sich landesweit in Baden-Württemberg für den Einsatz an Impfzentren gemeldet. Die Resonanz sei überwältigend und zeige die große Hilfsbereitschaft in der aktuellen Situation, sagte Regierungspräsidentin Sylvia Felder in Karlsruhe. Die vier Regierungspräsidien koordinieren die Meldungen und leiten diese an die Betreiber der örtlich zuständigen Impfzentren weiter.

 

 

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