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Alexander Gerst: „Habe nie geglaubt Astronaut zu werden“

meinKA-Interview Alexander Gerst: „Habe nie geglaubt Astronaut zu werden“

Interview
Quelle: Melanie Hofheinz

Alexander Gerst war bereits an Orten, an denen kaum jemand vor ihm war. Zuletzt übernahm er sogar das Kommando der Raumfahrtstation ISS. Was wenige wissen: sein Studium absolvierte der heutige Astronaut Alexander Gerst an der Universität in Karlsruhe.

Alexander Gerst – deutscher Raumfahrtheld

Alexander Gerst ist einer der bekanntesten deutschen Astronauten der Welt. Der am 03. Mai 1976 in Künzelsau bei Heilbronn geborene Gerst ist der elfte Deutsche, der im Weltall unterwegs war und zudem der erste deutsche Raumfahrer, der den Titel Kommandant der Raumfahrtstation ISS tragen durfte. Bereits zwei Mal meisterte Alexander Gerst den Weg zur ISS, welche in etwa 400 Kilometern Höhe und mit fast 28.000 Kilometern pro Stunde über die Erde rast. Um unsere Weltkugel zu umrunden, benötigt die ISS 90 Minuten.

Die Größe der Raumfahrtstation misst, inklusive der angebrachten Solarmodule, die Fläche eines Fußballfeldes, zudem herrscht auf der ISS fast vollständige Schwerelosigkeit. Zuletzt startete der ESA-Astronaut Gerst am 06. Juni 2018 zu seiner zweiten Mission auf der Internationalen Raumstation ISS, welche sechs Monate andauerte. Seit Ende Dezember werden nun die Ergebnisse der Mission ausgewertet. Die Forschung auf der ISS konzentriert sich hauptsächlich auf Astronomie, Physik, Materialforschung, Biologie, Humanmedizin und Erdbeobachtung.

 

Die Crew auf der ISS: Alexander Gerst, Sergey Prokopyev und Serena | Quelle: NASA–J. Blair Aunon-Chancellor.

 

Student Gerst an der Universität Karlsruhe

„Karlsruhe war der Start meiner wissenschaftlichen Karriere. Dort habe ich das wissenschaftliche Arbeiten und Forschen gelernt. Es war eine großartige Zeit. Ich habe von der Ausbildung in Karlsruhe sehr profitiert und bin dankbar dafür. Auch heute denke ich noch oft zurück an die Zeit“, erklärte Alexander Gerst bereits 2014 in einem Interview gegenüber dem Karlsruher Institut für Technologie. An der damaligen Universität Karlsruhe erhielt Gerst im Jahre 2003 sein Diplom in Geophysik. In seiner Diplomarbeit untersuchte Gerst die Veränderungen von Strukturen unter dem neuseeländischen Vulkan Ruapehu nach einer Eruption. Eine Neuseeland-Reise als Rucksacktourist nach dem Abitur war übrigens auch der Grund für das Geophysik-Studium in Karlsruhe – denn in Neuseeland beeindruckten den jungen Gerst, insbesondere die Vulkane des Inselstaates.

Neuseeland ließ ihn nicht los, denn neben seinem Karlsruher Diplom, erhielt Alexander Gerst auch einen Masterabschluss in „Earth Sciences“ der Victoria University of Wellington. 2010 promovierte er dann an der Universität Hamburg zur Geophysik und Dynamik von Vulkanausbrüchen. Bereits ein Jahr zuvor wurde Gerst für das Astronautenteam der Europäischen Weltraumorganisation ESA ausgewählt. Das offizielle Astronauten-Zertifikat der ESA erhielt er nur wenig später und 2011 erfolgte die Benennung als Besatzungsmitglied für die ISS-Crew 40/41.

 

KIT – Ehrenpromotion an Alexander Gerst

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verlieh dem ehemaligen Studenten der Universität Karlsruhe (heute KIT) Alexander Gerst am Freitag, den 12. Juli 2019, die Ehrendoktorwürde der KIT-Fakultäten für Physik und für Bauingenieur-, Geo- und Umweltwissenschaften. Diese Auszeichnung erhalten Personen, welche besondere akademische oder wissenschaftliche Verdienste geleistet haben. „Der Titel selbst ist natürlich eine Ehre für mich, allerdings ist es noch eine größere Ehre, wieder an meinen alten Studienort Karlsruhe zurückzukehren – hier wo alles begann“, so Alexander Gerst.

 

Alexander Gerst | Quelle: NASA–J. Blair

 

Interview – Alexander Gerst im Gespräch

Einem Menschen, der bereits im Weltall unterwegs war, an weltverändernden Experimenten beteiligt ist und einen ganz anderen Blick auf unsere Erde werfen kann, dem werden gerne unzählige Fragen gestellt. Einige davon, hat Alexander Gerst nun beantwortet.

 

Alexander Gerst über…

… seine Zeit am KIT:

Ich denke gerne an meine Studienzeit in Karlsruhe zurück. Hier begann irgendwie alles. Astronaut wollte ich schon damals werden, habe aber niemals daran geglaubt, dass ich es schaffen könnte. Doch eines Tages saß ich mit einem Studienfreund hier in Karlsruhe in der Mensa, vielleicht bei einer Portion „Schniposa“, und wir vereinbarten, dass wir uns als Astronaut bewerben werden.

Denn auch wenn wir nicht daran glaubten es zu schaffen, so hätten wir später wenigstens sagen können, dass wir es versucht haben. Was soll ich sagen: Ich wurde genommen und heute bin ich Astronaut. Darum, gebt der Sache, die ihr erreicht wollt, eine Chance – bevor es zu spät ist.

 

… das erste Mal im All:

Als ich das erste Mal zur ISS gereist bin, sah ich irgendwann einen blauen Schimmer im Blickfeld. Nachdem ich mich umgedreht hatte, sah ich unsere Erdatmosphäre und mein erster Gedanke war tatsächlich „Schau an, die ist ja wirklich rund!“. Lustig, denn ich wusste natürlich, dass unsere Erde ein runder Planet ist, doch in diesem Moment kam mir genau dieser Gedanke.

 

… die Erde, Fridays for Future und den Klimaschutz:

Vom Weltraum aus nimmt man unsere Erdatmosphäre ganz anders wahr. Durch erschreckende Aufnahmen, wie beispielsweise der riesigen abgeholzten Regenwaldflächen am Amazonas, welche im All deutlich sichtbar sind, hoffe ich auch andere Menschen zum Umdenken zu motivieren – in mir haben diese Bilder jedenfalls etwas bewirkt. Alleine wenn man sich Europa von oben in der Nacht anschaut – ein gigantisches Lichtermeer!

Es ist erschreckend, wie sehr wir Menschen das Antlitz unseres Planeten verändern können. Von dort oben sieht man so viele Dinge, Smog, Abholzung und sogar Kriege – grundlegend frage ich mich manchmal, ob Außerirdische uns Menschen als intelligentes Leben bezeichnen würden.

Wenn wir unsere Sichtweisen nicht ändern, muss es die nächste Generation ausbaden. Bezüglich der Fridays-for-Future-Aktionen kann ich sagen, dass ich es grundsätzlich gut finde, wenn man sich für eine Sache, für die man kämpfen möchte, einsetzt und aufsteht.

 

Ehrendoktor der KIT-Fakultäten für Physik und für Bauingenieur-, Geo- und Umweltwissenschaften: ESA-Astronaut Alexander Gerst | Quelle: ESA/NASA

 

… das Leben als „Superman“:

Auch wenn ich einen meist einen Trainingsanzug oder den Raumfahrtanzug trage, bin ich kein Superman – auch wenn ich natürlich eine Vorbildfunktion habe. Ich bin ein ganz normaler Mensch wie alle anderen auch. Erst wenn die Menschen sagen „Ich kann das auch – wie der Gerst und sogar noch besser“, dann ist meine Mission erfüllt.

 

… das Zusammenleben auf der ISS:

Bei der letzten Mission auf der ISS waren wir sieben Monate zu dritt auf der Raumfahrstation. Doch wir sind nicht nur Kollegen, die schon seit Jahren zusammenarbeiten, sondern auch sehr gute Freunde. Wichtig ist natürlich ein respektvoller Umgang miteinander und eine gewisse Work-Life-Balance. Ist der Arbeitstag beendet, haben wir zusammen zu Abend gegessen, Sport gemacht, Filme geschaut oder sogar Musik gemacht.

 

… die Arbeit mit Robotern:

Die ISS besteht aus 90 Prozent Robotern, nur zehn Prozent sind humaner Natur. Dennoch fühlt man auch auf der ISS, wie viel Mensch man doch ist, auch wenn fast nur Roboter einen umgeben. Wir Menschen werden immer größere Fähigkeiten besitzen als Roboter. Diese werden zukünftig beispielsweise Fließbandarbeiten übernehmen, uns aber dadurch keine Arbeitsplätze wegnehmen, da unsere menschlichen Fähigkeiten einfach besser genutzt werden müssen. Ein reines robotisches System ist nicht möglich.

 

… was „da draußen“ alles ist:

Jeder hat sich bestimmt schon einmal gefragt, was „da draußen“ ist. Ein Blick in den Himmel und meist stellt sich dann genau diese Frage. Auch ich stelle sie mir noch heute, denn wir haben im Weltall mehr Sterne als Sandkörner auf der Erde, wir kennen noch nicht einmal alle Planeten – eigentlich wissen wir gar nichts.

 

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